Auf dem Prüfstand : Altplastik als „erneuerbarer“ Kraftstoff – eine fundierte Idee?

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Tatsächlich ist es möglich, aus Verpackungsmüll Treibstoff zu gewinnen. Das im deutschen Main-Kinzig-Kreis angesiedelte Energieunternehmen Ecogy möchte es vorzeigen. Eine geplante Anlage soll nach ihrer Fertigstellung mit Reststoffen aus der gelben Tonne befeuert werden und später einmal Benzin, Diesel und Methan herstellen. Wieso auch nicht? Innovationen sind herzlich erwünscht.

In London, einer Metropole, in der nicht nur liebend gerne schwarzer Tee mit Milch, sondern auch reichlich Kaffee getrunken wird, wird der Treibstoff des öffentlichen Busnetzes zum Teil mit Kaffeesatzresten gestreckt. Speisefett aus Haushalten fließt in den Tank von venezianischen Wasserbussen, die zwischen den verschiedenen Anlegestellen Venedigs verkehren. Und überhaupt, der findige Leser braucht nur an die mit Compressed Natural Gas (CNG) betriebenen Fahrzeuge zu denken, die bereits auf den Markt gefunden haben. Bestenfalls, so die Vision der Hersteller, werden diese mit Gas aus biologischen Quellen versorgt – darunter Stroh und sonstige Rückstände aus der landwirtschaftlichen Produktion. Wieso dann nicht auch Altplastik als Energielieferant in Erwägung ziehen. Eine aktuellere Bedeutung könnte das Thema gar nicht haben, wie die Zahlen verraten.

Rund 900.000 Tonnen Plastikmüll fallen laut Bundesministerium für Nachhaltigkeit und Tourismus (BMNT) jedes Jahr in Österreich an, ein großer Teil davon sind Verpackungen. Erschreckenderweise sind die Mengen, entgegen der Nachhaltigkeitsbestrebungen, in den vergangenen Jahren kontinuierlich gestiegen: Von rund 180.000 Tonnen Ende der 90er-Jahre auf heute knapp 300.000 Tonnen. Oftmals gestaltet sich auch die Wiederverwertung schwierig, gleich mehrere Faktoren müssen dabei berücksichtigt werden. Die Umwandlung von Altplastik in Fahrzeugenergie könnte eine direktere Lösung sein. Um Treibstoff herzustellen, kommt laut Ecogy-Geschäftsführer Manfred Pfalzgraf ein thermisches Verfahren zur Anwendung, bei dem die Verpackungen zunächst zerkleinert und dann so hoch erhitzt werden, dass das Kunststoffmaterial nicht nur schmilzt, sondern auch verdampft.

Verarbeiten könne eine solche thermische Anlage im Endausbau 140.000 Tonnen Plastikmüll pro Jahr, aus denen 125 Millionen Liter Treibstoff hergestellt werden. Zwar gebe es bislang in Deutschland noch keine derartige Anlage, in den Niederlanden konnten aber bereits vielversprechende Versuche mit Verpackungsmüll und Agrarfolie durchgeführt werden. Auch die EU scheint schon ganz erpicht auf die abfallbasierten fossilen Kraftstoffe zu sein.

Umweltschützer warnen aber, dass durch die Einbeziehung abfallbasierter fossiler Kraftstoffe in die Erneuerbare-Energien- und Klimapolitik der EU, die Bemühungen der Länder untergraben würden, nach einer angemessenen Recyclingfähigkeit von Kunststoffen zu suchen. Dem ist entschieden entgegenzuhalten, dass die Verwertung von „verunreinigtem“ Plastik in Form von Treibstoff eine Option darstellt, die Berge an Altplastik in der EU auf sinnvolle Weise weiter zu dezimieren; überdies würden durch die Errichtung der notwendigen Produktionsanlagen neue Arbeitsplätze geschaffen.

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