Brexit: Harte Zeit ohne geregelte Übergangsfrist

Viele Autos auf einem Parkplatz.
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Das Ende der zwischen dem Vereinigten Königreich und der Europäischen Union vereinbarten Übergangszeit naht – und es ist immer noch keine Einigung über ein gemeinsames Abkommen in Sicht. Worauf sich sich die deutsche Automobilindustrie bereits seit dem Austrittsvotum vorbereitet muss, wird sehr wahrscheinlich Realität werden: ein harter Brexit. Das träfe auch die Zuliefererindustrie hart, weiß der Verband der Automobilindustrie (VDA). Die Unternehmen der deutschen Automobilindustrie sind mit über 100 Standorten im Vereinigten Königreich vertreten, darunter sind zahlreiche Zulieferbetriebe.

Die Wertschöpfungsketten sind auch mit anderen Standorten in Europa eng verbunden. Eine Studie des SMMT (The Society of Motor Manufacturers and Traders) zeigt auf, dass ein „No Deal“-Szenario bis zu 110 Milliarden Euro zusätzliche Kosten für die europäische Automobilindustrie bedeuten könnte. Bereits jetzt sind die für den deutschen Standort so wichtigen Exporte der deutschen Hersteller nach Großbritannien von 810.000 Pkw in 2015 auf rund 590.000 Pkw im Jahr 2019 gesunken.

Im laufenden Jahr macht sich – aufgrund der Auswirkungen der Covid-19-Pandemie – der Nachfrageeinbruch zudem zusätzlich bemerkbar. Von Januar bis August 2020 wurden 223.300 Pkw nach Großbritannien exportiert, das sind 45 Prozent weniger als im Vorjahreszeitraum. Allerdings ist das Vereinigte Königreich immer noch der größte Exportmarkt für die deutschen Automobilhersteller. Gerade für den zukünftigen Markt für batteriebetriebene Fahrzeuge ist das Vereinigte Königreich wichtig und attraktiv. Daher sind – neben der Zollfreiheit – im automobilen Handel angemessene und handhabbare Ursprungsregeln wichtig.

Hildegard Müller, Präsidentin des VDA, betont: „Knapp 90 Tage vor Ende der Übergangsfrist ist noch immer unklar, nach welchen Regeln der Handel mit dem Vereinigten Königreich ab Januar ablaufen wird. Wir brauchen ein zukunftsgerichtetes, faires und vor allem sicheres Regelwerk für die zukünftigen Beziehungen. Auch nach dem Austritt aus der EU bleibt das Vereinigte Königreich ein wichtiger Partner der deutschen Automobilindustrie, sei es als Lieferant, Produktionsstandort oder Absatzmarkt.“

Sie ergänzt: „Die Verhandlungsführer sollten alles daransetzen, die Verhandlungen zu einem erfolgreichen Abschluss zu bringen. Für beide Seiten steht zu viel auf dem Spiel“. „Die Automobilindustrie braucht ein Abkommen, das den Handel ohne Zölle und Quoten ermöglicht, handhabbare Ursprungsregeln beinhaltet und ein Kapitel zur regulatorischen Kooperation enthält. Insgesamt müssen natürlich die Interessen der EU gewahrt bleiben. Ein Ende der Übergangsphase ohne Abkommen hätte schwerwiegende Folgen für die Automobilindustrie.“