Elektronik : Komplexe Aufgaben für die On-Board-Diagnose

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Die On-Board-Diagnose (OBD) hat ihren Ursprung in den Vereinigten Staaten. 1988 wurde sie in Kalifornien und 1994 in den gesamten USA eingeführt. Zwei Jahre später mündeten verschärfte Abgaslimits in das leistungsfähigere, noch heute eingesetzte OBD-II-System, das die Emissionen präziser überwacht, weitere Komponenten in die Überprüfung einbezieht und detailliertere Diagnosemöglichkeiten für die Werkstätten bietet.

In Europa wurde die OBD im Jahr 2001 zur Pflicht, allerdings mit teils anderen Anforderungen als in den USA. Vor allem die Emissionsgrenzwerte und Messzyklen unterscheiden sich deutlich voneinander. Andere Regionen wie China folgten in den darauffolgenden Jahren. Die OBD führt Prüfroutinen aus, die in allen relevanten Steuergeräten des Fahrzeugs implementiert sind und während der Fahrt ablaufen. Gibt ein Steuergerät dabei eine unplausible Rückmeldung, wird ein entsprechender Code im OBD-Fehlerspeicher des Steuergeräts abgelegt – zum Beispiel wenn eine Lambdasonde den Sauerstoffgehalt im Abgas nicht mehr richtig erkennt und die Motorsteuerung daraufhin die Verbrennungsparameter verändert. Parallel leuchtet die gelbe Motorkontrollleuchte im Cockpit auf.

Grundsätzlich gliedert sich die OBD-Prüfung eines neuen Fahrzeugmodells bei Porsche in drei Schritte: erstens Tests zur Qualitätssicherung noch während der laufenden Fahrzeugabstimmung, zweitens Typisierungstests in der sogenannten OBD-Demo-Phase als obligatorische Zulassungsvoraussetzung und drittens nach Serienanlauf eine umfassende Untersuchung aller potenziellen OBD-Fehlerspeichereinträge an Fahrzeugen aus der laufenden Produktion.

Über alle Phasen hinweg pflegen Porsche Engineering und Porsche eine über viele Jahre gewachsene Partnerschaft. „In der Regel beginnen wir schon etwa ein halbes Jahr vor Serienstart mit der Überprüfung der OBD-Applikation. Wenn sich bei den Untersuchungen Auffälligkeiten zeigen, analysieren wir die Ursachen und schlagen mögliche Abhilfemaßnahmen vor", sagt Matthias Bach, Leiter Fachdisziplin Motor Applikation und Mechanik bei Porsche Engineering, in deren Gebiet die On-Board-Diagnose fällt.

Abstimmung mit Zertifizierungsbehörden

In der sich anschließenden OBD-Demo-Phase wird nachgewiesen, dass das OBD-System des Fahrzeugs den gesetzlichen Vorgaben entspricht. Dazu stimmt Porsche mit den Zertifizierungsbehörden in den einzelnen Regionen weltweit Testreihen ab, die die Experten der Versuchsabteilung von Porsche Engineering abarbeiten. „Wir decken 145 Märkte ab, zehn davon mit individuellen Zulassungsmodalitäten“, so Thomas Rauner, Leiter der Typisierungsabteilung Antrieb bei der Porsche.

Die unterschiedlichen Emissionsgesetzgebungen, Prüfzyklen und OBD-Auflagen machen Entwicklung und Test äußerst komplex. Ein Beispiel aus jüngster Zeit ist China, wo die ab 2023 gültige Richtlinie China 6b anspruchsvolle OBD-Testbedingungen vorgibt. „Im Gegensatz zum Rest der Welt reicht in China ein positiver Prüfbericht dann nicht mehr aus, um ein neues Fahrzeugmodell zu zertifizieren. Vielmehr muss die OBD-Prüfung vor Ort und unter Aufsicht der Behörden erfolgen“, erklärt Sebastian Rüger, der bei Porsche unter anderem für die OBD-Zertifizierung verantwortlich ist.

Fahrzeugelektronik macht OBD komplexer

Als strategischer Exklusivpartner von Porsche China unterstützt Porsche Engineering die Vor-Ort-Zertifizierung durch technische Dienstleistungen wie die Durchführung der Testreihen. Die Abstimmung der Testergebnisse mit den jeweiligen Zertifizierungsbehörden übernimmt Porsche. Für die Typisierungstests eines neuen Fahrzeugmodells führt Porsche Engineering auf dem Rollenprüfstand bis zu 80 Prüfläufe durch und stellt dabei unterschiedliche emissionsrelevante Ereignisse wie etwa eine beschädigte Lambdasonden-Leitung nach. Die Ingenieure bauen dazu speziell präparierte Bauteile in das Fahrzeug ein oder simulieren vordefinierte Fehlerfälle. Um den Verschleiß vieler Jahre zu simulieren, verwenden sie zudem Komponenten wie Katalysatoren, die einem künstlichen Alterungsprozess unterzogen worden sind.

Neben den gesetzlichen Vorgaben führt auch die ständig steigende Zahl an elektronischen Systemen im Fahrzeug zu einer höheren OBD-Komplexität. Die OBD überwacht nicht nur einzelne Komponenten, sondern prüft ganze Funktionsabläufe ab, einschließlich potenzieller Quereinflüsse durch andere Fahrzeugsysteme. Das umfasst auch Steuergeräte, die bei einem Defekt indirekt Einfluss auf die Emissionen nehmen könnten, zum Beispiel für den Abstandsregeltempomat "Adaptive Cruise Control" (ACC), die Fahrdynamikregelung "Porsche Stability Management" (PSM) und den "Remote Park Assistent" der das Fahrzeug automatisch einparkt.

"Im Rahmen der behördlich geforderten OBD-Nachweistests, der sogenannten Product Vehicle Evaluation, müssen wir nachweisen, dass die emissionsneutrale Ersatzmaßnahme korrekt ausgeführt wird – also keinen Einfluss mehr auf das Emissionsverhalten des Fahrzeugs nimmt", sagt Rüger. "Experten sprechen von einer Emission Neutral Default Action, kurz ENDA." Entsprechend hoch ist der resultierende Testaufwand: „In modernen Hybridfahrzeugen kommen wir auf bis zu 14 Steuergeräte aus den Bereichen Antrieb und Fahrwerk mit rund 3.500 möglichen Fehler-Codes", so Bach.

Simulation von Fehlern

Diese müssen in einem Zeitraum bis zu sechs Monaten nach Produktionsbeginn eines Fahrzeugs verifiziert werden. Um Zeit und Kosten zu sparen, setzt Porsche Engineering dabei nahezu ausschließlich auf die Simulation von Fehlern. „Statt defekte Bauteile für die Prüfstandsuntersuchungen oder Straßentests mit hohem Aufwand ein- und wieder auszubauen, verändern wir die jeweiligen Sensorsignale oder Botschaften im elektronischen Datensystem des Fahrzeugs“, erklärt Bach. Dazu ist ein tiefgreifendes Verständnis der Komponente und ihrer Funktion im Gesamtsystem erforderlich, das Porsche Engineering als OBD-Dienstleister der ersten Stunde in unzähligen Entwicklungsprojekten gewonnen hat. „Unsere Stärke ist unser Know-how in den Bereichen Gesamtfahrzeug und Testing. Auf dieser Basis haben wir eigene Prüf- und Simulationswerkzeuge entwickelt, mit denen sich rund 95 Prozent der Defekte im OBD-System nachbilden lassen“, so Bach.

Die Funktion des Drosselklappenstellers wird zum Beispiel während des Motorbetriebs extern simuliert, sodass die im Fahrzeug verbaute Drosselklappe separat getestet werden kann. Um die gewünschten Fehlerspeichereinträge bei den Injektoren darzustellen, wird eine speziell entwickelte Software eingesetzt, mit der sich die Einspritzmenge der Injektoren in einem sehr feinen Bereich verändern lässt. „Bei der Simulation von Vernetzungsfehlern in der Elektronikarchitektur sind wir aufgrund unserer guten Zusammenarbeit mit den Kollegen in der Entwicklung stets auf dem neuesten Stand und können so bereits zur Einführung neuer Diagnosefunktionen die geeignete Testprozedur vorstellen", erklärt Bach.

Das Ergebnis ist ein extrem schneller und effizienter OBD-Prozess. Es ist absehbar, dass die daraus resultierenden Vorteile künftig noch mehr an Bedeutung gewinnen, da verschärfte Emissionsnormen, wie die sich derzeit in Diskussion befindende Euro-7-Norm, die zulässigen Abgasgrenzwerte weltweit weiter reduzieren. Damit dreht sich auch die Spirale für die OBD-Entwicklung weiter: Neue Systeme und Funktionen ermöglichen geringere Emissionswerte, die dann wieder über die verbesserte OBD geprüft werden. Hinzu kommen Diagnoseaufgaben, die sich aus der Nutzung synthetischer Kraftstoffe, sogenannter eFuels, ergeben. "Es ist anzunehmen, dass künftig auch Elektroautos einen OBD-Test bestehen müssen", wagt Bach einen Blick in die Zukunft. „Dabei ginge es dann nicht um Stickoxid- oder Partikelemissionen, sondern um den Zustand von Antrieb und Batterie."