Technik : Mercedes sicherte sich vor 50 Jahren Airbag-Patent

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Die Ingenieure von Mercedes-Benz beschäftigen sich schon seit 1966 mit dem aufblasbaren Luftsack, der im Falle eines Unfalls ausgelöst wird. Ende 1980 werden die ersten Limousinen der S-Klasse (Baureihe 126) mit dem kombinierten System von Fahrerairbag und Gurtstraffer ausgeliefert. Die öffentliche Weltpremiere erfolgt vom 5. bis 15. Februar 1981 auf der Amsterdam International Motor Show (IAMS).

Die Serieneinführung von Fahrer- und Beifahrerairbag erfolgt 1992 zunächst in S-Klasse, SL und den Typen 400 E und 500 E (Baureihe 124). Für alle anderen Modelle ist das Sicherheitssystem optional erhältlich. Diese "Aufprallschutzvorrichtung" hat in den vergangenen vier Jahrzehnten in praktisch allen neugebauten Personenwagen Einzug gehalten. In den USA wird der Einbau von Frontairbags für Fahrer und Beifahrer bereits 1997 gesetzlich vorgeschrieben. Wichtige Innovationen sind der Seitenairbag (1995), der Windowbag (1998), der Head-Thorax-Seitenairbag (2001), der Kneebag (2009) und 2013 der Thorax-Pelvis-Sidebag, der Cushionbag sowie der Beltbag, ein aufblasbares Gurtband.

In der S-Klasse der 2005 vorgestellten Baureihe 221 füllt der Gasgenerator den Fahrer- und Beifahrerairbag je nach Unfallschwere in zwei Stufen. In der aktuellen S-Klasse (Baureihe 223) sind erstmals Frontalairbags für die beiden äußeren Rücksitzplätze erhältlich. 40 Jahre nach Einführung der Airbags kommt hier zum ersten Mal ein komplett neues Konzept zum Einsatz, das sich für die Bedingungen im Fond besonders eignet. Die Vielzahl der Systeme und Innovationen der aktiven und passiven Sicherheit – viele von Mercedes-Benz entwickelt – tragen dazu bei, die Zahl der Verletzten und Verkehrstoten im Straßenverkehr zu verringern. Beispielsweise sinkt die Zahl der Verkehrstoten in Deutschland von 18.753 im Jahr 1971 auf 2.719 im Jahr 2020.

Von der Idee bis zur Umsetzung

Der Tüftler Walter Lindner meldet beim Deutschen Patentamt am 6. Oktober 1951 eine Erfindung an, in der von einem "aufblasbaren Behälter in zusammengefaltetem Zustand, der sich im Falle der Gefahr automatisch aufbläst" die Rede ist. Der Münchner nennt seine Idee "Einrichtung zum Schutze von in Fahrzeugen befindlichen Personen gegen Verletzungen bei Zusammenstößen". Bei aller Ähnlichkeit der Beschreibung zu späteren Airbags mangelt es vor sieben Jahrzehnten jedoch an den Umsetzungsmöglichkeiten. Defizite gibt es noch bei der Auslösesensorik, der Druckerzeugung zum millisekundenschnellen Befüllen des Luftsacks sowie der notwendigen Reißfestigkeit der Hülle. Mercedes-Benz greift die "Airbag"-Idee 1966 auf. Professor Guntram Huber, bei Mercedes-Benz über Jahrzehnte für die Sicherheitstechnik verantwortlich, sagt mit Blick auf die Anfänge: "Dass wir es schaffen, wussten wir, wir wussten nur nicht, wann wir fertig sind."

Nach rund 250 Unfallversuchen, mehr als 2.500 Tests mit dem Aufprallschlitten und Tausenden Experimenten mit einzelnen Komponenten bringen die Sicherheitsingenieure von Mercedes-Benz die Technik während der folgenden knapp 15 Jahre zur Serienreife. Der Durchbruch bei der Gaserzeugung gelingt mit einem Feststofftreibsatz, wie er in Raketentriebwerken verwendet wird. Er ist in Tablettenform im Pralltopf des Lenkrads neben dem zusammengefalteten Airbag untergebracht. Im Fall eines Unfalls zündet ein pyrotechnischer Gasgenerator den Treibstoff, und der Airbag aus leichtem und reißfestem Polyamid mit einem Volumen von zunächst 60 bis 70 Litern (Fahrerairbag) wird innerhalb von rund zehn Millisekunden aufgeblasen. "Fast genauso schnell faltet er sich wieder zusammen", erläutert Maschinenbauingenieur Professor Huber, "das ist wichtig, sonst würden die Insassen hin- und herpendeln." Nach der Aktivierung bleibt ein ungefährliches Stickstoffgas zurück. Weil Sprengstoff zur Anwendung kommt, muss Hubers Entwicklungsteam auf Anordnung der Behörden sogar einen Sprengkurs absolvieren.

Gurt und Airbag: ein gutes Team

Vom 21. Januar 1974 an gilt in der Bundesrepublik Deutschland die Einbaupflicht für Sicherheitsgurte bei Neuwagen, der aufrollbare Dreipunktgurt mit Einhandbedienung setzt sich schnell durch und reduziert Unfallfolgen beträchtlich. Die Sicherheitsentwickler von Mercedes-Benz erkennen früh, dass sich die Schutzwirkung noch verbessern lässt. Das Ergebnis ist das Ende 1980 eingeführte System: Auf der Fahrerseite ergänzt der Airbag den Sicherheitsgurt, auf dem Beifahrersitz ist es der Gurtstrammer, so die ursprüngliche Bezeichnung. Diese zwei Komponenten bilden bei einem schweren Frontalaufprall ein gutes Team: Der Airbag stützt zusätzlich zum Oberkörper auch Kopf und Nacken ab und mildert den Kontakt etwa zum Lenkrad, Gurt und Gurtstraffer halten den Oberkörper zurück. Schon 1984 gehört der Gurtstraffer, so der neue Name für dieses Sicherheitsmerkmal, zur Ausstattung für beide Vordersitze der Mercedes-Benz Personenwagen.

Der Gurtstraffer wird parallel zum Airbag und ebenfalls durch Pyrotechnik ausgelöst. Die Treibladung stellt sicher, dass der Automatikdreipunktgurt binnen weniger Millisekunden straff angezogen wird. Fahrer wie Beifahrer werden eng an den Sitzflächen gehalten. Kontinuierlich geht es weiter: Im September 1987 stellt Mercedes-Benz den Beifahrerairbag vor. Der energieaufnehmende Airbag ist Voraussetzung für eine weitere Innovation: 1995 wird der Gurtstraffer mit einem Gurtkraftbegrenzer verbunden, was die Krafteinwirkung auf den Brustkorb weiter reduziert. Der nächste große Entwicklungsschritt erfolgt 2002 mit der Einführung des präventiven Insassenschutzsystems "Presafe", das neben anderen Kernmerkmalen auch einen Gurt mit zusätzlichem Elektromotor im Gurtaufroller enthält. Die elektronische Variante ist im Gegensatz zum pyrotechnisch ausgelösten Gurtstraffer reversibel und kann daher schon vor einem Unfall aktiviert werden, zum Beispiel in erkannten Gefahrensituationen. Bleibt die Kollision aus, lockert sich der Gurt wieder.