Interview : ZF Aftermarket setzt auf "Wissenstransfer an die Werkstätten"

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Neue Technologien wie die zunehmende Vernetzung, aber auch das noch immer ungelöste Problem der Bereitstellung von im Fahrzeug generierten Daten gelten als aktuelle Herausforderungen für den Independent Aftermarket. Mit welchen Strategien lässt sich hier entgegensteuern?

Daten müssen barrierefrei weitergegeben werden. Nevada ist ein Konzept der europäischen Hersteller und Zulieferer, das den Zugang zu im Fahrzeug generierten Daten über eine sichere, zuverlässige und diskriminierungsfreie Schnittstelle ermöglicht. ZF hat sich von Beginn an aktiv an der Entwicklung des Nevada-Konzepts beteiligt, da damit ein restriktionsfreier Zugang zu Fahrzeugdaten für alle Marktteilnehmer ermöglicht werden kann. Mit Caruso investieren Zulieferer und Beteiligte des IAM zudem in einen neutralen Datenmarktplatz, der Fahrzeugdaten aus verschiedensten Quellen anbietet, wie beispielsweise Nevada, Dongles oder Telematikboxen.

Mit welchen konkreten Produkten bzw. Technologien beteiligt sich ZF (Aftermarket) am digitalen Wandel?

ZF ist weltweit führend in der Antriebs- und Fahrwerktechnik sowie in der aktiven und passiven Sicherheitstechnik. Insbesondere die Nachfrage nach Lösungen für die Elektromobilität steigt aktuell erheblich. So hat ZF von der BMW AG einen Auftrag im Volumen eines zweistelligen Milliardenbetrags erhalten. Dabei geht es um die Lieferung des weiterentwickelten 8-Gang-Automatikgetriebes über eine langjährige Laufzeit. Die neueste Version des seit 2009 produzierten ZF 8-Gang-Getriebes ist technisch auf die Integration von Elektroantrieben optimiert. Dies umfasst auch Hybridgetriebevarianten. Gemeinsam mit Cree Inc., dem US-amerikanischen Spezialisten für Siliziumkarbid- Halbleiter, hat ZF eine strategische Partnerschaft zur Entwicklung von Siliziumkarbid- Halbleitern für Leistungselektroniken vereinbart. Diese werden in Elektroantrieben eingesetzt und erhöhen im Gegensatz zur heutigen Standard-Siliziumtechnologie die Reichweite für Elektrofahrzeuge deutlich. Dies sind nur einige Beispiele dafür, wie ZF die Mobilität der Zukunft gestaltet. ZF Aftermarket vereint die Innovationskraft der Erstausrüstung mit der Kompetenz im Aftermarket- Angebot und liefert seinen Kunden attraktive Komplettlösungen.

Zukunftsforscher sprechen von einem sich stark verändernden Mobilitätsverhalten in der Zukunft – vor allem in Richtung „shared mobility“. Wie sieht das ZF Aftermarket?

ZF Aftermarket steht seinen Partnern mit allem erforderlichen Know-how zur Seite und sieht sich als Taktgeber im Aftermarket für die Mobilität von morgen. Digital Natives akzeptieren Empfehlungen des Autos zu Wartung und Reparatur. Von ihrer Werkstatt erwarten sie, dass diese ‚always on‘ ist, schnell agiert und besten Service zum günstigsten Preis bietet. Online-Preis- und -Leistungs- Vergleiche wie auch der Online-Kauf sind für sie selbstverständlich – genauso wie das „Teilen“ des Fahrzeugs. Wenn die Werkstatt sich darauf einstellt und nicht nur Reparatursondern echte Mobilitätsdienstleistungen erbringt, kann sie ihr Geschäft sehr profitabel gestalten.

Neue Technologien verändern auch die Arbeiten in den Werkstätten selbst. ZF Aftermarket steht mit den Werkstattkonzepten [pro]Tech und [pro]Tech plus direkt mit den Kfz-Betrieben in Kontakt. Mit welchen Maßnahmen lassen sich von Industrieseite aus die Werkstatt-Partner auch in Zukunft umfassend unterstützen?

ZF [pro]Tech befähigt die Werkstatt, mit unseren Produkten Wartungs- und Reparaturaufgaben professionell durchzuführen – das umfasst Schulungen, technische Daten, Einbauanleitungen oder Servicemitteilungen. Als ‚Detailkonzept‘ dulden wir aber auch andere Werkstattkonzepte neben uns. Wir sehen im Wissenstransfer an die Werkstätten einen wichtigen Schwerpunkt und dazu bieten wir technisches Know-how aus erster Hand. Diese Unterstützung werden wir auch in Zukunft durch zeitgemäße Trainings – wie zum Beispiel unseren Hochvolt-Schulungen – leisten und damit einen ganzheitlichen Lösungsansatz anbieten.

Die Konzentration im IAM nimmt generell zu, es entwickeln sich immer größere Handelsverbände. Wie geht ZF Aftermarket mit dem damit einhergehenden zunehmenden Preisdruck um?

Durch Fusionen und Übernahmen auf Seiten der Großhändler sowie einem zunehmenden Onlinehandel gibt es inzwischen eine anhaltende Marktkonsolidierung. Für die Zulieferer nimmt damit der Druck auf Konditionen und Preise zu. Im österreichischen Aftermarket sind Marken- und OE-Qualität jedoch von gleichbleibend großer Bedeutung. Dies gilt insbesondere für Produkte aus unserem Hause, bei denen es sich um sicherheitsrelevante oder technisch komplexe Teile handelt. Wir haben ein großes Interesse, dass es allen Anbietern im Independent Aftermarket gut geht. Dafür braucht es immer auch Branchenlösungen wie zum Beispiel Caruso. Auch das proPoint-Prämien-System betreibt ZF Aftermarket inzwischen gemeinsam mit Hella und NGK und hat damit dessen Attraktivität noch einmal gesteigert.