Praxistipp : Bilstein räumt mit Fahrwerks-Mythen auf
Mythos 1: Radialspiel an der Kolbenstange
Dieses Mal hat Bilstein das in der Szene beliebte Testverfahren des Radialspiels an der Kolbenstange unter die Lupe genommen, das nicht zwangsläufig zum Ziel führt. Folgendes Procedere gelangt noch oft zur Anwendung: Am neu einzubauenden – oder auch alten – Stoßdämpfer prüft der Mechaniker an der ausgefahrenen Kolbenstange das Seitenspiel: „Das ist keine gute Idee, denn hier ist ein extrem langer Hebelarm vorhanden und somit eine schlechte Abstützung der Kolbenstange gewährleistet. Somit wird fast zwangsläufig ein zu großes Radialspiel diagnostiziert“, erklärt Rainer Popiol, Leiter der Bilstein Academy. Richtigerweise muss wie folgt vorgegangen werden: „Um ein gegebenenfalls vorhandenes Radialspiel richtig zu ermitteln, muss sich die Kolbenstange/der Arbeitskolben in der Konstruktionslage des Fahrzeugs/Fahrwerks befinden. Das ist der Hauptarbeitsbereich des Dämpfers und hier wird die Kolbenstange sowohl vom Verschlusspaket als auch dem Arbeitskolben geführt und abgestützt. Es ist jedoch zu beachten, dass es hier keine genormten Richtwerte gibt, was eine Einschätzung erschwert.“
Mythos 2: Federwegbegrenzer
Ein zweiter Mythos rangt sich um den Federwegbegrenzer. Gemeint sind hier aber nicht die vorhandenen Druckanschläge/Anschlagpuffer, sondern Komponenten zum Nachrüsten. In Foren wird oft unzutreffend behauptet, dass Federwegbegrenzer Fahrwerk und Karosserie beim Einfederungsprozess schonen. Das stimmt so nicht: „Federwegbegrenzer nehmen dem Fahrzeug den notwendigen Federweg. So hindern sie den Stoßdämpfer daran, die dynamischen Schwingungen aus dem Fahrwerk vernünftig abzubauen. Liegt der Stoßdämpfer auf dem Federwegbegrenzer, zeigt sich das Fahrverhalten als sehr hart und ‚hoppelig‘. Das Auto lässt sich kaum noch vernünftig fahren.“ Somit werden Fahrwerksteile und Karosserie nicht geschont, sondern vielmehr überbeansprucht und verschleißen somit schneller.
Mythos 3: Mehr Sportlichkeit durch härteres Fahrwerk
Oftmals herrscht im Tuningumfeld der Mythos „Je härter das Fahrwerk, desto sportlicher fährt ein Auto vor“ vor. Rainer Popiol dazu: „Die gern zitierte Faustregel vereinfacht viel zu stark und kann somit als falsch erachtet werden. Fakt ist: Auch ein sportliches Fahrwerk muss ausgewogen abgestimmt sein, Extreme sind oft kontraproduktiv.“ Relativiert man, so kann eine Tieferlegung natürlich fahrdynamisch Vorteile bringen, denn korrekt ist, dass eine genau zu definierende Absenkung des Fahrzeugschwerpunktes beim maximal möglichen Restfederwegen die Wankneigung verringert und damit die Fahrdynamik verbessert.