Werkstatt : Kleiner Aufprall: Schäden oft erst auf den zweiten Blick

© Dekra

Dass vermeintlich minimale Kollisionen durchaus größere Schäden verursachen können, zeigt ein aktueller Crashtest der deutschen Sachverständigenorganisation Dekra. Das Fazit: Das wahre Ausmaß des Schadens war nur für den Experten erkennbar - und dann auch nur nach einer zeitintensiven Teilzerlegung. Denn der größte Teil des Schadens liegt unter der Oberfläche.

Mittels eines Crash-Versuchs untersuchte Dekra was ein Aufprall mit geringer Geschwindigkeit (weniger als zehn Stundenkilometer) bei einem Pkw bewirkt. Der Crash wurde im Test Center mit einer Mercedes-Benz C-Klasse durchgeführt. „Die Barriere hatte eine Masse von 1.330 Kilogramm und war mit einer Anhängerkupplung ausgerüstet“, erklärt Dekra-Crash-Experte Peter Rücker.

„Die Anstoßgeschwindigkeit lag bei genau 9,9 Stundenkilometern. 180 Millisekunden nach dem Anstoß verzeichnen wir die tiefste Eindringung - die Anhängerkupplung ist in diesem Moment auf den Hochgeschwindigkeitsaufnahmen nicht mehr zu sehen. 400 Millisekunden nach dem Anstoß hat das Crashfahrzeug die Barriere dann angeschoben. Beide haben keinen Kontakt mehr", beschreibt Rücker den Ablauf.

Schäden auf den zweiten Blick

Die äußeren Beschädigungen am Crashfahrzeug sind auf den ersten Blick relativ gering. Am augenfälligsten sind leichte Deformationen in der Mitte sowie veränderte Spaltmaße an der Motorhaube. Erst nach Demontage der Anbauteile und einer Karosserievermessung wird klar: Nicht nur der Querträger ist deformiert, sondern auch beide Längsträger sind verformt.

Außerdem wurden der Wasserkühler eingedrückt, der Klimakondensator beschädigt und das Kühlrohr der Servolenkung deformiert. Die Dekra-Sachverständigen kalkulieren für die Reparatur des gesamten Schadens knapp 7.400 Euro inklusive Mehrwertsteuer.

„Der Versuch zeigt, welche Folgen ein vermeintlich leichter Unfall haben kann. Bei weniger als zehn Stundenkilometer würden die meisten Autobesitzer keine großen Beschädigungen erwarten“, so Bernd Grüninger, Bereichsleiter Gutachten der Dekra Automobil. „Wie wichtig es ist, hier genauer hinzuschauen, unterstreichen vor allem die Deformationen an Quer- und Längsträgern.“

Diese Bauteile sind entscheidende Faktoren, wenn es um das Crashverhalten eines Fahrzeugs geht. „Nur wenn diese Elemente intakt sind, kann das Fahrzeug die Insassen bei einem Unfall mit höherer Geschwindigkeit so schützen, wie die Entwickler es geplant haben“, warnt Grüninger.

Aus seiner Sicht machen die Crash-Ergebnisse wieder einmal deutlich, dass die Begutachtung von Unfallschäden durch einen Sachverständigen nicht zu ersetzen ist. „Für die fachgerechte Reparatur ist es ganz entscheidend, dass solche Schäden im Rahmen der Gutachten-Erstellung erkannt werden.“