E-Mobilität : Graphit: Die Suche nach geeigneten Alternativen

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Während Forscher, etwa der Universität Wien, Kiel oder vom ETH Zürich daran tüfteln, Graphit aus den Batterien tunlichst zu verbannen, eröffnet sich die australische Graphitgesellschaft Kibaran Resources gerade ein lukratives Geschäft mit diesem Material. Sie soll nun einen neuartigen Prozesses zur Herstellung von sogenanntem Kugelgraphit, wie er in Lithium-Ionen-Batterien verwendet wird, entwickelt haben. Dabei soll unter anderem auf den Einsatz toxischer Substanzen verzichtet werden.

Die Quellen hierzu sind jedoch noch etwas dürftig, um genaueres über das besagte Verfahren sagen zu können. Jedenfalls sollen Daten aus einer Pilotanlage in Deutschland verwendet worden sein, um einen optimierten Produktionsablauf zu erstellen. Zudem wurden neue Schätzungen zu den Investitions- und Betriebskosten einer Anlage mit einer Kapazität von 20.000 Tonnen pro Jahr fertiggestellt, die sehr positiv ausgefallen sein sollen und eine Entwicklung und Kommerzialisierung stützen.

Batteriegraphit als wachsendes Geschäftsfeld

Da es hierbei um doppelstellige Millionenbeträge geht, muss das Geschäft für Batteriegraphit boomen. Kibaran Resources stützt sich auf Informationen von Roskill. Der englischsprachige Bericht des Londoner Beratungsunternehmens sieht eine langfristige Nachfrage jedenfalls gesichert. Es wird von einem Wachstum der Marktdurchdringung von Stromern von zwei Prozent im letzten Jahr auf 25 Prozent bis 2025 ausgegangen. Mit der steigenden prognostizierten Nachfrage nach Batterien für Elektrofahrzeuge und einem Anstieg stationärer Energiespeicher sei die Zukunft für Batteriegraphit spannend.

Ironischerweise sorgt der Umweltschutz in China für einen Preisanstieg des Materials, sodass nicht nur aus ökologischen Gründen nach „grünen“ Alternativen gesucht werden sollte, sondern auch, um diesem Preistreiber zu entgegen. Verbraucher chinesischer Graphitelektroden meldeten bis Ende 2017 einen zehnfachen Preisanstieg, wobei die Erzeuger die Preise wöchentlich aktualisierten. Doch das Forschen an Alternativen befindet sich erfreulicherweise nicht im Tiefschlaf. Das chemische Element Silizium gilt als Hoffnungsträger für deutlich höhere Energiedichten, wenn man es als Material für die Anode der Lithium-Ionen-Batteriezellen einsetzt. Seine volumetrische Energiedichte übersteigt die von Graphit - dem aktuell eingesetzten industriellen Standard - um fast das Dreifache. Jedoch ist die Einführung von Silizium oder Silizium-haltigen Verbindungen in kommerziellen Batteriesystemen trotz intensiver universitärer und industrieller Forschung bislang nur in geringen Anteilen von einigen Prozent vom Aktivmaterial der Anode gelungen.

Freiraum zum "Atmen" geben

Ein Problem ist aber die Instabilität des Materials, die Einschränkungen auf die Lebensdauer hat. Silizium hat die Eigenschaft, sich stark auszudehnen, wenn die Batterie geladen wird. Durch seine hohe Energiedichte nimmt dieses Anodenmaterial auch besonders viele Lithiumionen auf und kann sich dadurch um bis zu 400 Prozent ausdehnen - da zerbricht der spröde Werkstoff leicht. Bei der Entladung schrumpft es wieder zusammen. Nach einigen Be- und Entladezyklen sind die dünnen Silizium-Schichten oder Silizium-Partikel pulverisiert und die Speicherung von Lithium-Ionen funktioniert nicht mehr. Auch andere Komponenten einer Zelle werden durch die Volumenveränderungen beansprucht. Diese Effekte führen zu einer viel zu kurzen Lebensdauer der Zellen. Derzeit werden diverse Ansätze ausprobiert, um diese Probleme in den Griff zu bekommen.

Um die Ausdehnung des Siliziums beherrschen zu können, die auftritt, wenn man in dem Material Lithium-Ionen speichert, formt man im Verbundprojekt PorSSi der BMBF-Förderinitiative Batterie 2020 etwa das Silizium zu winzigen Drähten. Diesen geben die Forscher gezielt Freiraum, in den sie hineinwachsen können. Auch im Verbundprojekt ProSiSt versucht man, dem Silizium mehr Raum zum „Atmen” zu geben. Die Forscher wollen einen Beschichtungsprozess entwickeln, um das Silizium auf die Ableiterfolien aufzutragen. In einem weiteren Schritt wollen sie dann Platz zum „Atmen“ schaffen, indem sie Leerraum-Strukturen wie Gräben per Laser oder Ätzverfahren in die Silizium-Schicht einbringen.

Neues nanostrukturiertes Material

Die Anode handelsüblicher Lithium-Ionen-Akkus besteht häufig aus einem Kohlenstoff-Material wie Graphit. An einer Alternativlösung arbeitet derzeit auch ein Forscherteam an der Fakultät für Chemie der Universität Wien. Ziel ist es, ein Material für die Anode von Lithium-Ionen-Akkus zu finden, das den Batterien mehr Leistung und Lebensdauer bringt. Die von den zwei Forschern und ihren Teams entwickelte neue nanostrukturierte 2D/3D-Verbindung aus Mischmetalloxiden und Graphen steigerte deutlich die elektrochemische Leistung der Akkus: „Die Batteriekapazität war mit bis zu über 3.000 reversiblen Ladezyklen, sogar bei sehr hohen Strombelastungen von bis zu 1.280 Milliampere“, so Institutsvorstand Freddy Kleitz.

Heutige Lithium-Ionen-Akkus verlieren nach etwa 1.000 Ladezyklen an Leistungsfähigkeit.„Metalloxide weisen eine höhere Batteriekapazität als Graphit auf, sind aber eher instabil und wenig leitfähig“, so Kleitz. Die Wissenschaftler haben einen Weg gefunden, die positiven Eigenschaften beider Stoffe in einer neuartigen Verbindung bestmöglich zu nutzen. Sie haben eine neue Familie für aktives Elektrodenmaterial aus halbdurchlässigen Mischmetalloxiden, bestehend aus Kupfer und Nickel, in Kombination mit dem elektrisch leitfähigen und stabilisierend wirkenden Graphen entwickelt. Das Material weist im Vergleich zu den meisten bereits bekannten Metalloxid-Nanostrukturen und Verbundwerkstoffen überlegene Eigenschaften auf.

Einfaches aber effizientes Design

Um das Mischmetall mit Anteilen von Kupfer und Nickel kontrolliert und homogen erstellen zu können, entwickelten sie eine neue Kochprozedur für die Metalle. Unter Einsatz des Nanocasting-Verfahrens - einer Methode zur Herstellung von mesoporöser Materialien - schuf das Team anschließend geordnete nanoporöse Mischmetall-Oxid-Kügelchen, die aufgrund ihres weitflächigen Netzwerkes an Poren eine sehr hohe aktive Reaktionsfläche für den Austausch mit den Lithium-Ionen aus dem Elektrolyt der Batterie aufweisen. Über ein anschließendes Sprühtrockenverfahren werden die Mischmetalloxid-Partikel mit hauchdünnen 2D-Graphenschichten ummantelt und von diesen durchdrungen.

Die Verwendung von Lithium-Ionen-Akkus für die Elektromobilität gilt aus Umweltsicht, zum Beispiel aufgrund ihrer rohstoffintensiven Produktion, als eher problematisch. Kleine Akkus, die möglichst viel Energie speichern können, lange halten und nicht zu kostenintensiv in ihrer Herstellung sind, könnten ihren Einsatz in Stromern vorantreiben. „Im Vergleich zu den bestehenden Ansätzen ist unsere innovative Design-Strategie für leistungsfähiges und langlebiges Material für Anoden einfach und effizient. Es handelt sich um einen wasserbasierten Prozess und ist von daher umweltfreundlich und bereit zur Anwendung auf industrieller Ebene“, so die Autoren der Studie.

Superkondensatoren kein Ersatz

Professor Jürgen Fleig von der Technischen Universität Wien sieht in Superkondensatoren oder Ultrakondensatoren, die von mehreren Firmen - etwa Skeleton Tech - hergestellt nichts anderes, als ein voll kommerzielles Produkt. Die PSA-Gruppe nutzt schon seit einigen Jahren solche im Auto zur Spannungsstabilisierung. “Echte technische Hürden für einen weitergehenden Einsatz sehe ich nicht”, so Fleig. “Besonders ein Einsatz für Rekuperation von Bremsenergie im Auto oder anderen Fahrzeugen ist realistisch oder schon existent, zum Beispiel in Straßenbahnen in China”, so der Experte.

Im Zusammenhang mit reinen Stromern sieht er die sogenannten Supercaps jedoch nicht als Ersatz für Lithium-Ionen-Akkus, sondern als Ergänzung, da sie hohe Leistungsdichte bei weniger Energiedichte haben. Damit kann die Batterie gegebenenfalls anders gebaut werden und Leistungspeaks verringert werden. Denn bei Batterien ist es schwierig, sowohl Leistungsdichte als auch Energiedichte zu optimieren, das widerspricht sich zum Teil in realen Zellen. Es gibt auch viele Forschungen, die den jetzt schon gut funktionierenden Supercap durch andere Konzepte mit höherer Energiedichte erweitern - zum Teil Pseudokondensatoren genannt - und die eine Art Mittelding zwischen Batterie und klassischem Supercap sind. Doch Professor Fleig merkt an, dass der Weg zur kommerziellen Nutzung noch recht weit sein könnte, unter anderem wegen des Preises der dann nötigen Elektrodenmaterialien oder auch wegen deren Stabilität, da sind Supercaps den Batterien sonst sehr überlegen, weil sie besser zyklierbar sind.