E-Mobilität : Wo Unternehmen die Produktion von Batteriezellen in Europa planen

Batteriefabrik
© Tesla

In Europa herrschte bei der Zellfertigung von Batterien lange Zurückhaltung. Aus dem Dornröschenschlaf musste man nun schlagartig erwachen. Asiatische Batteriehersteller, allen voran CATL, LG Chem, SK-Innovation und Samsung, haben sich die Märkte insbesondere durch ihre Größe bereits gesichert. Neunzig Prozent der weltweiten Produktionskapazitäten bei Lithium-Ionen-Zellen liegen im asiatischen Raum. Doch die EU möchte zum Gegenschlag ausholen, wenngleich im überschaubaren Stil. Mit vergangenem Jahr wurden in Europa erste Schritte unternommen, um eine Europäische „Batterie-Allianz“ (EBA) ins Leben zu rufen. Ziel ist der Aufbau einer Wertschöpfungskette für Batteriezellenauf europäischem Boden. Dadurch soll ein Gegenpol zu Unternehmen aus Südkorea, Japan oder China geschaffen werden.

Die polnische EU-Kommissarin Elzbieta Bienkowska meinte dazu: „Elektroautos sind das Standardbeispiel, aber wir denken auch darüber nach, wie die Batterie-Allianz für Lkw von Nutzen sein könnte. Wenn Europa eine führende Rolle spielen und mit anderen Wirtschaftsmächten in der Welt konkurrieren will, müssen wir uns beeilen“. Mehr Geld gibt es jetzt jedenfalls für Batteriezellen „Made in Germany“. Das Ziel des Konzepts „„Forschungsfabrik Batterie“ ist es, eine konkurrenzfähige industrielle Batteriezellfertigung in Deutschland aufzubauen. Ins Leben gerufen hat das Konzept das Bundesforschungsministerium (BMBF).

Im Zuge dessen sollen in den kommenden vier Jahren weitere 500 Millionen Euro investiert werden, um die „technologische Souveränität Deutschlands in der Batterietechnologie zu sichern“. Ministerin Anja Karliczek geht es vor allem darum, den Transfer von neuen Batteriekonzepten und Produktionsverfahren in die Praxis zu beschleunigen. Zudem hätten Unternehmen die Chance, ihre Batteriekonzepte auf Massenfertigungstauglichkeit zu prüfen. Die Batteriespezialisten BMZ Group, Custom Cells Itzehoe, EAS Batteries, Leclanché und Liacon beteiligen sich an der Initiative des BMBF, um eine „Forschungsfertigung Batteriezelle“ (FFB) zum Aufbau einer industriellen Fertigung von Lithium-Ionen-Zellen ins Leben zu rufen.

Zahlreiche Kooperationen in Planung

In enger Form wollen BMW, das schwedische Unternehmen Northvolt und das belgische Technologieunternehmen Umicore zusammenarbeiten, die allesamt ein eigenes Technologiekonsortium zur gemeinsamen Entwicklung einer kompletten Wertschöpfungskette für E-Auto-Batteriezellen in Europa gegründet haben. Darin sollen die Zellchemie und Entwicklung bis hin zur Produktion und zum Recycling ihren Platz finden. Die Schaffung eines „geschlossenen Lebenszyklus“ steht im Zentrum der Bemühungen. Northvolt gab in diesem Zusammenhang bekannt, in der schwedischen Stadt Skellefteå eine Zellproduktion aufzubauen, die aller Voraussicht nach 2020 mit 2.000 bis 2.500 Mitarbeitern und einem jährlichen Produktionsvolumen von acht Gigawattstunden ihren Betrieb aufnehmen wird.

Bis 2030 ist geplant, dass die Kapazität auf beachtliche 32 GWh ansteigen soll. Damit will die Batteriefabrik zur „Gigafactory“ mutieren - Europas größte und modernste Fabrik für Lithium-Ionen-Batterien. Später will BMW beim chinesischen Batteriehersteller CATL bestellen, der auf einem rund 80 Hektar großen Feld Batteriezellen in Thüringen, nahe Erfurt, produzieren will. Bis 2022 soll die Fertigstellung eines entsprechenden Werkes dauern. Das könnte langfristig zumindest für bis zu 1000 Arbeitsplätze vor Ort sorgen. Ein Milliardenauftrag zwischen BMW und CATL sei bereits unter Dach und Fach, war in einer Aussendung zu lesen. Es soll sich dabei um Batteriezellen im Wert von vier Milliarden Euro handeln.

Ein weiteres Konsortium kündigte der französische Batteriehersteller SAFT an, der sich mit Chemieunternehmen Solvay, Umicore und dem in Reutlingen ansässigen Batterietechnik-Hersteller Manz zusammentun will. Zunächst sollen Batteriezellen mit fortgeschrittener Lithium-Ionen-Technik, später bereits leistungsstärkere Feststoffbatterien entwickelt und hergestellt werden. Siemens arbeitet mit der gesamten Wertschöpfungskette für Batteriezellen an fertigungsbezogenen Herausforderungen und Lösungen und erprobt seit Kurzem die ersten vollautomatisierten und digitalisierten Fertigungsstraßen in Europa. Automobilzulieferer wie Bosch und Continental haben erklärt, dass sie die Produktion von Batteriezellen lieber dem asiatischen Raum überlassen. Das Risiko eines hohen Verlustes wollen sie nicht tragen. Auch andere Marktteilnehmer in der EU errichten derzeit Anlagen für die Herstellung von Batteriezellen, insbesondere für Energiespeicheranwendungen (FAAM in Italien und MES in der Tschechischen Republik).

Daimler-Konzern baut Batteriefabrik in Polen

Selbst werden sich die Stuttgarter ihre Hände mit hochgiftigen Batteriezellen nicht schmutzig machen, aber zumindest zusammengeschraubt werden die Batteriesysteme in Europa. Der Premium-Fahrzeughersteller möchte sich auf die „Kernkompetenz der Batteriemontage“ konzentrieren, heißt es in einer Aussendung. Die Zellen werden auf dem Weltmarkt weiter eingekauft. Nach der Fertigstellung des Werks sicher auch bei CATL in Thüringen, genauso wie BMW und VW. Darüber herrscht aber aus „Wettbewerbsgründen“ Geheimhaltung. Sicher ist dagegen, dass Daimler mehr als 20 Milliarden Euro für die Zellbeschaffung bereitgestellt hat, um den Bedarf für seine Elektro-Offensive bis ins Jahr 2030 zu decken.

Das Schweizer Rohstoffunternehmen Blackstone Resources gab erst kürzlich bekannt, eine Investitionssumme von 200 Millionen in die Hand zu nehmen, um diese in die Produktion von Batteriezellen für Elektroautos in Deutschland zu investieren und hofft in Zusammenhang auf Fördermittel von der EU und aus Deutschland. In der ersten Phase ist die Herstellung von 100 Millionen Batteriezellen geplant. Das Unternehmen rechnet mit 25.000 bis 100.000 Akkus für Elektrofahrzeuge. Als möglicher Standort kommt das rund 50 Kilometer von Erfurt entfernte Eisenach in Frage, der sich aufgrund der Nähe zum Autobauer Opel und zum chinesischen Batteriezellenhersteller CATL anbietet. Eine weitere Produktionsstätte könnte im niedersächsischen Braunschweig entstehen, unweit der Produktionsstätte von VW.

Für seine Nutzfahrzeugsparte holt sich Daimler Batteriesysteme vom Darmstädter Batteriehersteller Akasol. Erst im November letzten Jahres eröffnete im hessischen Langen eine neue Batteriesystemfabrik für elektrische Nutzfahrzeuge mit einer Kapazität von 600 MWh pro Jahr. Dies genügt laut Akasol, um jährlich 3.000 E-Busse mit Speichersystemen auszustatten. Akasol tüftelt unter anderem an einem verbesserten Batteriesystem für den Daimler Stadtbus eCitaro. Diese sollen im Jahr 2020 circa 35 Prozent mehr Energie bieten und dazu beitragen, die Reichweite zu verbessern.

Mehr Speicherkapazität, mehr Reichweite

Statt der aktuell 25 Kilowattstunden Speicherkapazität pro Batteriepack, wird die zweite Generation 33 Kilowattstunden speichern können. Laut Akasol bedeutet dies eine Steigerung um 35 Prozent von 243 auf 330 Kilowattstunden – und dass bei identischen Fahrzeugwerten wie dem Gewicht. Damit soll die Reichweite auf bis zu 200 Kilometer (nach Stadtfahrzyklus Sort2, mittelschwerer Stadtverkehr) und bis zu 250 Kilometer im Idealbetrieb gesteigert werden. "Neben verbesserten Batteriezellen spielen bei der Entwicklung der zweiten Generation viele kleine Optimierungsschritte etwa im Batterie-Management-System und in der mechanischen Pack-Struktur eine Rolle", erklärt Akasol-Vorstand Sven Schulz.

VW intensiviert Zusammenarbeit mit Tech-Start-up

Volkswagen intensiviert Forschungszusammenarbeit mit dem Tech-Start-up Forge Nano. Bereits seit 2014 arbeiten beide Unternehmen in der Materialforschung für Batterien zusammen. Der Sitz befindet sich in Louisville, im US-Bundesstaat Colorado. Erforscht werden Verfahren zur Skalierung sogenannter Atomlagenabscheidung (Atomic Layer Deposition, ALD), die speziell für die Entwicklung neue Oberflächenstrukturen für Batterien eingesetzt werden.

Konkret handelt es sich bei ALD um ein chemisches Verfahren zum Auftragen molekularer Schichten. Forge Nano will mit seiner ALD-Technologie die Energiedichte von Batteriezellen steigern können. Eine höhere Energiedichte hätte zum Beispiel positive Auswirkungen auf die Reichweite von Elektrofahrzeugen. Der Volkswagen Konzern wird seine Elektro-Offensive damit weiter vorantreiben. Geplant ist, bis 2025 mehr als 50 batterieelektrische Modelle auf den Markt zu bringen, was dann rund einem Fünftel des Fahrzeugportfolios des Konzerns entspricht.