Interview : Stephan Schwarzer: Klimafreundliche Mobilität braucht eFuels
Die finale Abstimmung des EU-Ministerrats über das Verbrenner-Aus am 7. März 2023 sollte eine reine Formsache sein. Doch es kam anders. Aufgrund massiver Bedenken einiger Mitgliedstaaten mit Deutschland an der Spitze wurde die Abstimmung verschoben, da die nötige Zustimmungsquote von 65 Prozent gefährdet schien.
Seither mehrt sich der Widerstand unter den EU-Mitgliedern und entfacht eine neuerliche Diskussion, ob in zwölf Jahren ausschließlich Neuwagen verkauft werden dürfen, die im Betrieb keine Treibhausgase ausstoßen, oder mit synthetischen eFuels - also "Elektro-Treibstoffen" angetriebene Autos davon ausgenommen sein sollen. Zweifel bestanden schon zuvor.
Die Ministerratsvorlage lässt eine Hintertür offen, in dem sie für 2026 eine neuerliche Evaluierung vorsieht. Und das aus guten Gründen, erläutert Dr. Stephan Schwarzer, Geschäftsführer der eFuel Alliance Österreich: „Die ambitionierten Klimaziele der EU können nur durch eine Kombination aus synthetischen Kraftstoffen wie eFuels und Elektroantrieb und weiteren Maßnahmen erreicht werden. Synthetische eFuels geben nur jenes CO₂ am Auspuff zurück, das sie vorher der Atmosphäre entnommen haben, damit sind sie klimaneutral. Hingegen ist das E-Auto mit CO₂ aus der Stromproduktion und der Batteriefertigung belastet.“
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"Österreich wird auch in Zukunft von Strom-Importen abhängig sein"
Dr. Stephan Schwarzer
Realistische Szenarien gefragt
Mit der Beschränkung auf eine Norm-Technologie – Elektroantrieb – erwiese man Europa einen Bärendienst, ist Schwarzer überzeugt: „Die innereuropäischen Öko-Strom-Ressourcen aus Windkraft und Sonnenenergie reichen für flächendeckende Elektromobilität nicht aus. Und die Idee, dass sich Europa öko-energieautark aufstellen könnte, ohne sich die Risiken der Kernenergie verstärkt aufzubürden, ist schlichtweg unrealistisch.“ Das gelte wegen der Importabhängigkeit auch für Österreich, dessen Aufkommen an Öko-Strom vergleichsweise im Spitzenfeld liegt.
Mehr Realismus sei gefragt, so Schwarzer: „Fakt ist, dass der in Österreich produzierte Ökostrom weder für die gewünschte E-Mobilität noch für die Produktion von eFuels ausreichend ist. Österreich wird auch in Zukunft von Strom-Importen abhängig sein und geht mit der Elektrifizierung von Industrie, Verkehr und Heizen das Risiko ein, dass ein Strommangel auftritt, wenn Importe nicht zur Verfügung stehen. Schon im heurigen Winter gab es in Deutschland und der Schweiz Überlegungen, bei Stromknappheit E-Ladestationen stillzulegen oder ein Stromtanken auf eine Reichweite von 50 Kilometer zu begrenzen.“
Es brauche vielmehr eine ganzheitliche, strategische Betrachtung, die allen verfügbaren Technologien eine faire Chance zur Entwicklung bietet und globale Entwicklungsansätze einschließt. Er ist mit seiner Meinung nicht allein.
eFuel Alliance
Die eFuel Alliance Österreich ist Teil eines europäischen Netzwerks von Interessengemeinschaften, die sich zum Ziel gesetzt haben, die Herstellung synthetischer klimaneutraler Kraft- und Brennstoffe mit Blick auf grünen Energiewandel voranzutreiben. Dafür brauche es Technologieoffenheit in der Klimaschutzpolitik, die ganzheitliche Entwicklung einer Wirtschaft für grünen Wasserstoff und seiner Folgeprodukte, eine Umstellung der Energiesteuer basierend auf dem CO₂-Fußabdruck, die Anrechenbarkeit von eFuels auf CO₂-Flottengrenzwerte, die Förderung der internationalen Zusammenarbeit zum Aufbau einer globalen Wasserstoff-Lieferkette und den Hochlauf der industriellen Produktion von eFuels, so die Mission der Allianz. Hinter ihr stehen in Österreich renommierte Institutionen und Unternehmen wie AVL, Birner, Flughafen Wien, Lagerhaus, ÖAMTC, Siemens, WKO und viele mehr.
Würden eFuels genauso viel Rückenwind durch Politik und Förderwesen bekommen wie E-Autos, können wir die Energiewende früher schaffenDr. Stephan Schwarzer
Global denken, lokal handeln
„Klimaneutrale eFuels kommen aus Weltgegenden, in denen ein Wind- oder Solarpark bis zu viermal so viel Ökostrom erzeugt wie in Mitteleuropa. Dieses Potenzial liegt brach, es zu erschließen hilft dem Klimaschutz doppelt: einmal den Produktionsländern, die den selbst erzeugten Ökostrom ins Stromnetz bringen, ein zweites Mal Europa, das fossile durch nichtfossile Kraftstoffe ersetzt“, ist Schwarzer überzeugt.
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Was die Logistik anbelangt, gäbe es im Vergleich zum Transport von Rohöl, Benzin, Diesel und anderen flüssigen Öl-Derivaten praktisch keinen Unterschied: „eFuels bieten im direkten Vergleich zu elektrischem Strom zudem den Vorteil, dass sie lagerfähig und damit bevorratbar sind und unter Nutzung der vorhandenen Infrastruktur vom Tankschiff über die Tanklager bis zur Tankstelle der Endverbrauer gelangen können.“ Und das sehr zum Vorteil der Fahrzeughalter, deren vorhandenen, herkömmlich motorisierten Fahrzeuge dann mit eFuels CO₂-neutral fahren. „Würden eFuels genauso viel Rückenwind durch Politik und Förderwesen bekommen wie E-Autos, können wir die Energiewende früher schaffen“, schließt Stephan Schwarzer.