VFT-News : Ich seh, ich seh, was du nicht siehst ...

VFT-Obmann Walter Birner
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Welches Auto fällt Ihnen spontan beim Stichwort „deutscher Sportwagen“ ein? Wenn Ihre Antwort jetzt Porsche war, sind Sie mit dieser Antwort bestimmt nicht allein gewesen. Und wenn es um Porsche geht, haben die meisten auch sofort ein bestimmtes Modell vor Augen: den 911. Der 911 ist weltweit bekannt. Das liegt nicht zuletzt an seiner unverwechselbaren Form, die sich über die Jahrzehnte nur in homöopathischen Dosen verändert hat und von dem schon viele Generationen junger Autofahrer und Autofahrerinnen geträumt haben.

Design bringt Geld – und Unsicherheit

Produktdesign – und das gilt nicht nur für Autos – hat entscheidenden Einfluss auf Kaufentscheidungen. Hersteller investieren darum auch viel Zeit und Geld in die optische Gestaltung ihrer Produkte. Sie haben daher zu Recht ein Interesse daran, das von ihnen aufwendig entwickelte Design gegen Nachahmung zu schützen. Und das passiert über das Schutzrecht für Design, auch Geschmacksmuster genannt. Klare Spielregeln sorgen für faire Bedingungen. Möchte man meinen.

Die Lösung liegt bereits auf dem Tisch

Aus Sicht des markenunabhängigen Kfz- Markts sieht die Sache nicht ganz so einfach aus. Hier geht es um sichtbare Kfz-Ersatzteile, das sind etwa Verglasungen, Beleuchtungen, Karosserieteile, Rückspiegel etc. Denn in der Praxis hat sich gezeigt, dass viele Fahrzeughersteller den Designschutz dazu genutzt haben, um die Herstellung und Vermarktung von sogenannten „Must-match“-/„Must-fit“-Ersatzteilen zu monopolisieren. Die gute Nachricht an dieser Stelle: Monopole mag man in der EU-Kommission und im EU-Parlament gar nicht. Darum gab es auch bereits mehrere Anläufe, dieser Entwicklung mit einer Reparaturklausel in der Designschutz-Richtlinie beizukommen.

Österreich hat nicht umgesetzt

Die schlechte Nachricht: Diese Reparaturklausel wurde bisher von zahlreichen EU-Mitgliedsstaaten durch den Druck der Fahrzeughersteller abgelehnt. Die Folge daraus ist der sprichwörtliche Fleckerlteppich. Während einzelne Staaten bereits auf nationaler Ebene ein der Reparaturklausel entsprechendes Gesetz erlassen haben, gibt es andere, die bisher untätig geblieben sind und nicht für die entsprechende Rechtssicherheit in ihrem Land gesorgt haben. Dazu zählt auch Österreich. Deutschland hat nach langem Zögern im vergangenen Jahr eine nationale Reparaturklausel umgesetzt, die allerdings nur stark eingeschränkt wirkt. Während es also in einem Land durch die gesetzlich verankerte Reparaturklausel völlig legal sein mag, freie Ersatzteile auf den Markt zu bringen, ist das im Nachbarland möglicherweise nicht der Fall. Das kann sogar dazu führen, dass Fahrzeughersteller unabhängige Ersatzteilhersteller, -händler oder Reparateure verklagen. Dadurch können diese gerichtlich belangt werden, wenn sie Ersatzteile aus unabhängigen Quellen einführen, vertreiben oder verwenden. Auf diese Weise werden die freien Kfz-Teilehändler und Reparaturbetriebe gezwungen, Ersatzteile bei den jeweiligen Monopolisten zu beziehen – mit den damit verbundenen Nebenwirkungen: Höhere Kosten machen ihre Dienstleistungen weniger wettbewerbsfähig und damit für den Endverbraucher weniger attraktiv. Und die Moral aus der Geschicht‘? Ohne Reparaturklausel geht es nicht. Übrigens: Porsche hat 2019 einen Streit mit einem Spielwarenhersteller verloren, bei dem es um das Design der Baureihe 991 gegangen ist. Der Designschutz für diese Baureihe wurde aufgehoben, weil sie sich nicht genug vom Vorgänger 997 unterscheidet.

Die Reparaturklausel im Designschutz

Der Designschutz verhindert, dass freie Anbieter bestimmte sichtbare Ersatzteile, die Bestandteil des Fahrzeugdesigns sind, vertreiben oder verbauen dürfen. Damit werden die Betriebe des freien Kfz-Markts vom Wettbewerb ausgeschlossen. Die Reparaturklausel sorgt jedoch dafür, dass auch sichtbare Bauteile eines Fahrzeuges legal als freies Ersatzteil angeboten und verbaut werden dürfen.

Mit einer Reparaturklausel ...

• ... behalten die Hersteller ihren berechtigten Schutz für die Konstruktion ihrer Neufahrzeuge,
• ... wird für freien und fairen Wettbewerb zwischen markengebundenen und -unabhängigen Kfz-Reparaturbetrieben gesorgt,
• ... können entsprechende Ersatzteile legal auf dem Anschlussmarkt angeboten werden,
• ... bekommen die Verbraucher die Möglichkeit, zu entscheiden, mit welchen Ersatzteilen und von welchem Anbieter sie ihr Fahrzeug reparieren lassen.