Verband österreichischer Kfz-Betriebe : VÖK: Strukturanpassung ja, aber auf Augenhöhe
Das Autohaus Kalcher mit Kfz-Handel und Werkstatt im südoststeirischen Fehring führt die Marken Honda, SsangYong, Ligier und Microcar – und ist Peugeot-Vertragswerkstätte. Ob die Zusammenarbeit mit Peugeot bleiben wird, ist für den geschäftsführenden Gesellschafter Bernhard Kalcher offen: "Ich habe die neuen Verträge im Urlaub per E-Mail bekommen. Sie enthalten nach wie vor Passagen, mit denen wir schwer leben können", stellt er trocken fest. Mit 'uns' meint Kalcher nicht nur seinen Betrieb, vielmehr sei die gesamte Branche von substanziellen Systemveränderungen in der Zusammenarbeit mit Herstellern und Importeuren betroffen, die den Betrieben ein Höchstmaß an Anpassungsfähigkeit abverlangten.
Kalcher kennt die aktuellen Anliegen der Branche aus zahllosen Gesprächen mit Branchenkollegen – und das markenübergreifend. Er war langjährig Obmann des Peugeot-Händlerverbandes, 2021 wurde er einstimmig zum Obmann des Verbands österreichischer Kraftfahrzeugbetriebe (VÖK) gewählt, der die Interessen der österreichischen Händlerverbände als Dachorganisation bündelt und national wie international vertritt.
Berechenbarkeit war einmal
"Die Zeiten, in denen wir es mit kalkulierbaren Ansprechpartnern auf Seiten der Importeure zu tun hatten, sind leider vorbei. Die Entscheidungsstrukturen sind vielfach unklar, wichtige Personen wechseln von einem Tag auf den anderen und zentrale Fragen bleiben unbeantwortet. Darunter leidet der Dialog auf Augenhöhe, den wir dringend brauchen würden", mahnt Kalcher mehr Berechenbarkeit und Planbarkeit von Seiten der Importeure und Hersteller ein.
"Kein Betrieb wehrt sich gegen Veränderungen, die schlüssig sind und faire Rahmenbedingungen bieten – aber oft fehlt es bei den Vorgaben genau daran. Wir sind keine Vasallen der Hersteller, sondern der nachhaltigen Zufriedenheit unserer Kundinnen und Kunden verpflichtet", setzt er nach.
Gemeinsame Gestaltung gefragt
"Der gesamte Sektor ist von massiven Veränderungen in Sachen Technik, Energie, Vertrieb und Personal betroffen. Umso wichtiger wäre es, dass die Retailer mit Handel und Werkstatt in die Gestaltung der neuen Vertriebs- und Kundendienstsysteme frühzeitig eingebunden, gehört und verstanden werden, um die Voraussetzungen für herausragenden Kundenservice zu schaffen. Letztendlich ist es die Empathie zur Kundschaft, die die Alleinstellungsmerkmale einer Marke auf lokaler und regionaler Ebene auf die Straße bringt", ist Kalcher von der Bedeutung des selbständigen, stationären Vertriebs mit wiederkehrendem persönlichen Kundenkontakt überzeugt.
E-Mobilität braucht Förderkulisse
Was die Forcierung der Elektromobilität anbelangt, sieht der Obmann des VÖK die öffentliche Hand weiterhin in der Pflicht, Kostennachteile auszugleichen, um vollelektrische Autos und Plug-in-Hybride für ein breites Publikum leistbar zu machen: "Solange keine kostengünstigeren Batterie-Technologien verfügbar sind und die Ladeinfrastruktur Lücken aufweist, ist es ein schwerwiegender Fehler, bei der Förderkulisse zu sparen."
Außerdem zeige sich regulatorischer Handlungsbedarf hinsichtlich der Preistransparenz und der überbordenden Vielzahl der Bezahlsysteme an den Ladesäulen. "Die Kunden verstehen nicht, warum sie an ein und demselben Anschluss für die gleiche Leistung unterschiedliche Preise bezahlen sollen, je nachdem, welche Karte sie dabeihaben", sei der Tenor vieler Kunden.
Eigeninitiative wider Facharbeitermangel
"Wir verfügen in Österreich über ein hervorragendes duales Ausbildungssystem, das die Kombination verschiedener Lehrberufe ermöglicht, zum Beispiel für Kfz-Techniker, Karosseriebautechniker und Lackierer", betont Kalcher. Er habe im eigenen Betrieb mit dem Konzept 'Vollausbildung' beste Erfahrungen gemacht: "Wir bilden jeden unserer Lehrlinge in beiden Berufszweigen aus und investieren in die HV-Kompetenz. Die Vorteile liegen auf der Hand: Das Mehr an Flexibilität beim Einsatz der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter geht mit einem Mehr an Jobattraktivität und Zukunftsperspektiven einher, die ambitionierte Lehrlinge und deren Eltern heute mehr denn je von uns erwarten."
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Um Fachkräfte im Haus zu halten, reiche die Bereitschaft zur Überzahlung jedenfalls nicht aus, weiß Kalcher. Er beschäftigt in seinem Betrieb 23 Mitarbeiter, viele von ihnen das gesamte Berufsleben lang. Auch die Eigeninitiative zur Investition in den Hochwasserschutz am angrenzenden Haselbach, der im August bedenklich nahe an seine Werkstatt anschwoll, habe sich gelohnt. "Keine größeren Schäden, aber an Schlafen war trotzdem nicht zu denken", schließt Bernhard Kalcher erleichtert.