Pannenhilfe : Parlament: Alle Parteien stimmten für freien Zugang zu "Daten aus dem Auto"
Anfang Juli hat der Nationalrat ein wichtiges Zeichen gesetzt: Wie aus einer Pressemeldung des ÖAMTC hervorgeht, haben auf Antrag von Peter Weidinger (ÖVP) und Ulrike Fischer (Die Grünen) alle Parteien einstimmig beschlossen, dass Österreich sich auf EU-Ebene für eine konsumentenfreundliche Regelung zum Thema "Daten aus dem Auto" einsetzen wird.
Für die Mobilitätsclubs ÖAMTC und ARBÖ sowie für die Arbeiterkammer ist das ein erster Schritt, um auch in Zukunft rasche und kostengünstige Pannenhilfe zu ermöglichen.
Was sind "Daten aus dem Auto"?
Autos sammeln heutzutage eine Vielzahl an Daten, zum Beispiel zum Verbrauch oder zur Position. Auch Fehlercodes werden gesammelt. Hat man eine Panne, dann sind diese Fehlercodes wichtig, um das Problem schnell identifizieren und lösen zu können.
Allerdings wird der Zugriff auf diese Daten von den Kfz-Herstellern immer stärker eingeschränkt, kritisiert der ÖAMTC: Um die Codes weiterhin lesen und die Fehler diagnostizieren zu können, müssen Pannenhelfer sich online einen kostenpflichtigen Zugriffsschlüssel organisieren.
Problem dabei: Nicht überall ist die Mobilfunkversorgung gleich gut, Defekte können daher manchmal nicht direkt am Pannenort behoben werden, weshalb das Auto zunächst abgeschleppt werden muss. Diese Aspekte verteuern die Pannenhilfe.
Pannenhilfe - aber flott
"Rasche Pannenhilfe muss möglich bleiben" – mit dieser Forderung wandten sich in den vergangenen Wochen 25.000 ÖAMTC-Mitglieder direkt an Ursula von der Leyen. In persönlichen Briefen riefen sie die Kommissionspräsidentin dazu auf, auf EU-Ebene tätig zu werden und eine Verteuerung bzw. Verkomplizierung der Pannenhilfe für Konsumentinnen und Konsumenten zu verhindern.
"Wir haben damit ein unübersehbares Zeichen gesetzt. Umso mehr freut es uns, dass sich nun alle im Nationalrat vertretenen Parteien gemeinsam dazu bekannt haben, dem Datenmonopol der Auto-Hersteller entgegenzutreten", erklärt Bernhard Wiesinger, Leiter der ÖAMTC-Interessenvertretung, im Rahmen eines gemeinsamen Pressegesprächs. "Damit ist der österreichische Standpunkt glasklar und die EU muss zeigen, wie sie mit diesem Anliegen der Bürgerinnen und Bürger umgeht. Das gilt auch für die neue Kommission."
Fahrzeuge höchstgradig sicherheitsrelevant
Mag. Johann Kopinits, Mitarbeiter in der ARBÖ-Rechtsabteilung, hält fest: "Im Fahrzeugbereich findet man mit den herkömmlichen Regelungen im Daten- und Onlinebereich nicht das Auslangen. Fahrzeuge sind anders als Computer und Smartphones in höchstem Maße sicherheitsrelevant. Insofern braucht es sektorspezifische Regelungswerke. Der freie Datenzugang für Pannendienste und freie Werkstätten sollte dabei als Grundprinzip immer möglich sein."
Die Wahlfreiheit der Konsumentinnen und Konsumenten in puncto Werkstättenwahl im Falle eines Reparaturbedarfs ihres Autos hebt Peter Weidinger, ÖVP-Sprecher für Konsumentenschutz, hervor. Dies sei wichtig, damit der Markt auch für alle Teilnehmer offen bleibt. "Daher muss auch der offene Zugang zu den jeweiligen Daten des Autos garantiert werden – ohne unnötige Beschränkungen durch die Automobilhersteller."
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Technische Hürden abbauen
Ulrike Fischer, Konsument:innenschutz-Sprecherin der Grünen betont: "Immer mehr Autohersteller erschweren Pannendiensten und unabhängigen Werkstätten den uneingeschränkten und kostengünstigen Zugang zu Fahrzeugdaten. Das kann im Fall eines Unfalles rasche und effiziente Hilfe erschweren. Deshalb treten wir auf EU-Ebene dafür ein, dass technische Hürden wie unzugängliche Software abgebaut werden."
Auf das Recht auf Reparatur bei jedem Produkt pocht auch Alois Stöger, SPÖ-Sprecher für Verkehr und Infrastruktur. Dies gelte selbstverständlich auch beim Autokauf, wo auch die Software mitbezahlt wird: "Hier muss ein für alle Mal sichergestellt werden, dass jede Werkstätte die Daten aus dem Auto auslesen kann – schließlich geht es gerade bei einer Panne um schnelle Hilfe für eine rasche und sichere Weiterfahrt."
Gegen ein Monopol der Autohersteller
"Der Umgang mit Autodaten ist ein hochsensibler Bereich, bei dem die Interessen der Verbraucher nach Sicherheit und Schutz der Privatsphäre im Zentrum stehen müssen. Eine Monopolstellung der Autohersteller steht dazu im Widerspruch und muss daher verhindert werden!", betont FPÖ-Verkehrssprecher und Generalsekretär Christian Hafenecker.
Für Katharina Werner, NEOS-Konsumentenschutzsprecherin ist es wichtig, gesetzlich zu regeln, wer auf welche Daten Zugriff hat: "Das Europäische Datengesetz ist da aus unserer Sicht ein wichtiger erster Schritt. Wir brauchen aber weiterführende Regeln, um eine gut funktionierende Pannenhilfe und einen diskriminierungsfreien Zugang zu den Daten sicherzustellen, die im Fahrzeug generiert werden."
Urteil des EuGH werde von Herstellern ignoriert
Dass sich der Standard "Digitale Fairness" nicht von allein durchsetzt, ist für Daniela Zimmer von der Arbeiterkammer Wien klar. Dafür seien die Kräfte und Wissensungleichgewichte zwischen Konsumentinnen und Konsumenten sowie der Digitalwirtschaft zu groß.
"Der Data-Act der EU, der auf das Teilen von Gerätedaten abzielt, betrachtet Konsumentinnen und Konsumenten als 'User' statt als Eigentümerinnen und Eigentümer smarter Produkte. Ihre alleinigen Verfügungsrechte geraten damit unter Druck – wie der Kampf um die Datenhoheit in Autos gerade zeigt. Die AK setzt sich dafür ein, dass Konsumentinnen und Konsumenten über vernetzte Produkte und ihre Betriebsdaten ohne äußeren Zwang völlig autonom verfügen können."
Jährlich über 1,5 Millionen Pannenhilfen
Klar ist aus Sicht des ÖAMTC aber auch, dass es noch viel Überzeugungsarbeit in Brüssel braucht. In diesem Kontext macht Leiter der ÖAMTC-Interessenvertretung Bernhard Wiesinger darauf aufmerksam, dass es bereits seit Oktober 2023 ein Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) gibt, das eine Einschränkung des Zugangs für Wartungs- und Reparaturzwecke untersagt. "Dieses Urteil wird von den Herstellern ignoriert."
Auf Druck der Kfz-Hersteller arbeitet die EU-Kommission laut ÖAMTC nun daran, die Typengenehmigungs-Verordnung so zu ändern, dass der Sinn des EuGH-Urteils ins Gegenteil verkehrt wird.
"ÖAMTC und ARBÖ leisten gemeinsam jedes Jahr rund 1,5 Millionen stationäre und mobile Pannenhilfen allein in Österreich – diese Zahl sollte ausreichend belegen, wie zentral eine für den Kfz-Sektor spezifische Regulierung für Daten aus dem Auto ist. Daher – und mit Unterstützung aller Parteien – erneut unsere Forderung an die EU-Kommission: Sorgen Sie dafür, dass die Konsumentinnen und Konsumenten am Steuer bleiben!", hält Wiesinger abschließend fest.