Aftermarket : „Zusehen und warten, was passiert, ist der falsche Weg“
Nach dem Ende der coronabedingten Mobilitätsbeschränkungen hat die Fahrzeugnutzung heuer wieder zugenommen, gleichzeitig altert der Fahrzeugbestand. Spricht man mit Leuten aus anderen Branchen, hört man immer wieder: Der Kfz-Reparaturwirtschaft muss es gut gehen. Selbst wenn die Auftragsentwicklung 2022 wieder besser gewesen sein mag als in den vergangenen beiden Jahren, der wirtschaftliche Druck auf die Betriebe – und hier besonders auf die freien – steigt von Tag zu Tag. Der technische Fortschritt führt dazu, dass die Möglichkeiten der Fahrzeughersteller immer vielfältiger werden, sich und ihr Markennetzwerk gegen den freien Mitbewerb abzuschotten. Mehr und mehr gewinnen elektronisch hochgerüstete Fahrzeuge auch für den freien Reparaturmarkt an Bedeutung. Schließlich wird jeder zweite Pkw ab einem Alter von vier Jahren im freien Reparaturmarkt serviciert, gewartet und repariert. Damit werden die unkomplizierte, rasche und solide Fahrzeugdiagnose und die lückenlose Verfügbarkeit und der Zugang zu Reparatur- und Wartungsdaten – genauso wie zu Ersatzteilen – immer wichtiger, um einen Betrieb effizient und wirtschaftlich führen zu können. In der Praxis sind die freie Werkstätte, der freie Teilehandel, automotive IT-Dienstleister und auch so mancher Teileproduzent mit erheblichen Hürden konfrontiert. Verschärfend kommen derzeit noch äußere Einflussfaktoren wie der russische Einmarsch in der Ukraine und seine Folgen für Energiekosten und Inflation hinzu.
Welche Antriebstechnologie(n) auch immer die Zukunft bringt: Der Automotive Aftermarket wird sich daran anpassen müssen.Walter Birner, VFT-Obmann
In einem europäischen Binnenmarkt ist die Kfz-Gruppenfreistellungsverordnung, die Kfz-GVO, das Fundament, von dessen Tragfähigkeit die Zukunft des ungebundenen Aftermarkets abhängt. Mit der Kfz-GVO will die EU sicherstellen, dass es zu keinen Herstellermonopolen kommt. Im Blick hat die EU dabei nicht nur die freien Betriebe selbst, sondern immer auch die Konsumenten in Europa. Denn ohne funktionierenden, fairen Wettbewerb stünden Fahrzeugnutzer finanziell harte Zeiten bevor: Gegen Ende des ersten Halbjahrs, als die Preissteigerungswelle bereits voll angelaufen war, hatte Agenda Austria über den Kurznachrichtendienst Twitter eine Übersicht zu den Kostentreibern im Zusammenhang mit dem Autofahren veröffentlicht. Als stärkster Kostentreiber mit einem Plus von knapp 40 Prozent wurde dabei Treibstoff aufgelistet. Den mit Abstand geringsten Einfluss auf Preissteigerungen hatten hingegen die Arbeitskosten der Fahrzeugtechniker mit einem Plus von lediglich gut drei Prozent. Verkürzt gesagt: Wettbewerb wirkt.
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Und weil die Kfz-GVO für die vielen freien Betriebe mit ihren tausenden Mitarbeitern ebenso wichtig ist, wie für deren zig Millionen Kunden, war die Kfz-GVO heuer einer unserer Arbeitsschwerpunkte. Deren Verlängerung um fünf Jahre ist erfreulich. Als VFT setzen wir uns jedoch für eine Anpassung der Begleitregelungen an den technischen Stand der Zeit, Stichwort: Datenverfügbarkeit, genauso wie an bestimmte, der Idee der Kfz-GVO zuwiderlaufende Entwicklungen auf dem Markt, Stichwort Monopolteile, die von den Fahrzeugherstellern nur über ihre eigenen Netzwerke vertrieben werden. Darüber hinaus ist es aus unserer Sicht auch notwendig, die Regelungen zur Gültigkeit der Herstellergarantie bei Wartung und Service nach Herstellervorgaben nachzuschärfen.
Ab 2035 sollen nur noch Neufahrzeuge ohne fossilen Antrieb auf europäische Straßen kommen. Wie die Zukunft genau aussehen soll, darüber wird gerade in Österreich und im Rest Europas heftig diskutiert. Geht es nach dem Wunsch der Politik, sollen künftig vor allem batterieelektrische Fahrzeuge unterwegs sein. Der Ausbau von grünem Wasserstoff könnte wiederum den Brennstoffzellenantrieb befeuern. Parallel dazu könnten synthetische Kraftstoffe dazu beitragen, die CO2-Emissionen in der Bestandsflotte zu reduzieren. Denn aus heutiger Sicht ist davon auszugehen, dass eine relevante Menge an Fahrzeugen mit Verbrennungsantrieb bis in die späten 2040er Jahre unterwegs sein wird.
Welche Antriebstechnologie(n) auch immer die Zukunft bringt: Der Automotive Aftermarket wird sich daran anpassen müssen. Zusehen und warten, was passiert, wäre aber der falsche Weg. Aus diesem Grund bringen wir uns als Interessensverband in die politische Diskussion in Österreich – und über unseren Dachverband FIGIEFA in Brüssel – ein. Seit heuer sind wir darum zum Beispiel aktives Mitglied der Austrian Automotive Transformation Plattform (AATP).
Der VFT vertritt die Interessen des freien Kfz-Reparaturmarkts – von der Werkstätte, über den Teilehandel und die -produktion bis zu Datenanbietern. Als freiwilliger Branchenverband ist das nur durch die Beiträge unserer Mitglieder möglich. Unsere Mitglieder leisten damit einen wichtigen Beitrag zur wirtschaftlichen Existenzsicherung des freien Kfz-Marktes. Gleichzeitig tragen Sie damit auch dazu bei, dass die Nutzer von rund vier Millionen Fahrzeugen in Österreich ein leistbares Angebot zur Absicherung ihrer Mobilität vorfinden.
Wenn auch Sie einen Beitrag dazu leisten wollen, nehmen Sie mit uns Kontakt auf und werden auch Sie 2023 Mitglied beim VFT (Tel. +43 664 158 56 06, office@vft.at).