Forschung : Bio-Ethanol als sauberer Diesel-Ersatz
Der Dieselmotor hat bekanntlich mit einem nachhaltigen Imageverlust zu kämpfen, obwohl er trotz der erstarkenden E-Mobilität in absehbarer Zeit nicht wegzudenken ist. Das betrifft etwa Baumaschinen, Traktoren oder auch den LKW-Verkehr. In diesen Bereichen könnte sogenannter Ethanol-Diesel (ED95) eine umweltfreundliche Alternative sein, zeigt eine neue Studie des Instituts für Fahrzeugantriebe und Automobiltechnik der TU Wien. Sie wurde in Zusammenarbeit mit Agrana durchgeführt wurde und basiert auf früheren Untersuchungen des Lkw-Herstellers Scania.
Erstmals wurde die Nutzung von Ethanol-Diesel am Motorenprüfstand präzise untersucht. Zusätzlich zur massiv verbesserten CO2-Bilanz zeigten sich große Vorteile bei der Partikel-Emission, aber auch die Stickoxidemissionen lassen sich durch die Verwendung von Ethanol-Diesel reduzieren, und der Wirkungsgrad des Motors wird verbessert.
Alkohol mit Zusatzstoffen
Für die Versuche wurde der ED95-Kraftstoff aus Schweden verwendet. Dabei handelt es sich um sogenanntes „additiviertes Ethanol“ – Alkohol, mit einem Zusatz von fünf Prozent Zündverbesserer und Schmiermittel. Das Ethanol selbst wird aus pflanzlichen Rohstoffen gewonnen.
Bei der Verbrennung entsteht daher nur genau so viel CO2, wie vorher von den Pflanzen aufgenommen wurde. Mit den Zusatzstoffen und dem hohen Wirkungsgrad des Dieselmotors kommt man damit insgesamt auf eine CO2-Reduktion von etwa 90 % („well-to-wheel“-Betrachtung), verglichen mit gewöhnlichem, fossilem Diesel.
Um den ED95-Kraftstoff nutzen zu können, sind zunächst umfangreiche Anpassungen des Motors nötig. Ein wechselnder Betrieb von ED95 und Diesel ist deshalb derzeit noch nicht möglich. Seine Stärken kann der Kraftstoff ED95 ganz besonders bei hohen Motorlasten ausspielen, daher ist er gerade für den Einsatz in schweren Nutzfahrzeugen bestens geeignet. Auch nichtmobile Anwendungen für ED95-Motoren, etwa bei Arbeitsmaschinen oder Generatoren, erscheinen vielversprechend.
Weniger CO2, weniger Ruß, weniger Feinstaub
Bei den Tests am Motorenprüfstand der TU Wien zeigte sich: Die Verbrennung von ED95 ist im Vergleich zu fossilem Diesel nahezu rußfrei. Dieser Umstand eröffnet auch die Chance auf Reduktion der Stickoxidemission. Beim herkömmlichen Dieselmotor besteht nämlich eine wechselseitige Abhängigkeit zwischen Reduktionen bei der Partikel- und Stickstoffemission. Durch sorgfältige Motorabstimmung kann man bei der Verwendung von ED95 in beiden Bereichen vergleichsweise gute Reduktionswerte erzielen.
"Unsere Ergebnisse zeigen deutlich, dass nachhaltig hergestellter Ethanol-Diesel erfolgreich als Ersatzkraftstoff in einem modifizierten Dieselmotor eingesetzt werden kann und dass dieses Konzept der Umwelt erhebliche Vorteile bringt", sagt Institutsvorstand Univ. Prof. Dr. Bernhard Geringer. "In manchen Bereichen, etwa beim LKW-Verkehr, bei Baumaschinen oder Traktoren hat die Elektromobilität noch ihre Grenzen."
"Mit Ethanol-Diesel könnte man gerade in diesen Bereichen die Nachhaltigkeit und das Emissionsverhalten deutlich verbessern. Eine interessante Möglichkeit wäre es auch, Ethanol-Diesel in sogenannten seriellen Hybridfahrzeugen einzusetzen, bei denen der Verbrennungsmotor nicht direkt mechanisch an die Räder gekoppelt ist, sondern dazu dient, Energie für den Elektromotor bereitzustellen", so Geringer.