Hydrogen : Wasserstoff: Rohmaterial, Politik, Forschung und die Zukunft
Wasserstoff soll im Zuge der Energiewende fossile Brennstoffe schrittweise ersetzen. Beim Ausbau der Wasserstoffproduktion drohen jedoch Rohstoffknappheit, steigende Preise und Abhängigkeiten von wenigen Exportländern. Um dem entgegenzuwirken, sind aus Sicht deutscher Experten Forschung und Entwicklung sowie eine genaue Versorgungsplanung notwendig.
Wasserstoff kann durch Elektrolyse erzeugt werden, indem Wasser in Wasserstoff und Sauerstoff gespalten wird. Wird die Elektrolyse mit erneuerbarer Energie betrieben, spricht man von grünem Wasserstoff.
Elektrolyse - Wasser, Strom und Bodenschätze
Es gibt verschiedene Formen der Elektrolyse, und einige nutzen chemische Elemente wie Scandium und Iridium, die knapp sind. Laut einer Studie der Deutschen Rohstoffagentur (Dera) könnte der Bedarf an Scandium im Jahr 2040 in einem sehr nachhaltigen Szenario bei rund 24 Tonnen liegen - das wäre mehr als das Zweieinhalbfache der 2018 produzierten Menge. Bei Iridium geht die Prognose sogar von einer Verfünffachung des Bedarfs auf 34 Tonnen aus.
Iridium gelte derzeit als unersetzbar, sagt Viktoriya Tremareva von der Dera. Das Edelmetall werde hauptsächlich in Südafrika und Russland als Beiprodukt von Platin und Palladium gewonnen. "Eine deutliche Erhöhung der Iridiumproduktion ist unwahrscheinlich", heißt es bei der Dera. "Bei Produktionsausfällen kann es dann - wie im Jahr 2021 zu beobachten - zu dramatischen Preissteigerungen kommen."
Scandium wiederum kommt hauptsächlich aus China. Gefolgt von Russland, das seit dem Angriff auf die Ukraine für den Westen kein begehrter Handelspartner mehr ist. Hier sieht die Dera aber mehr Möglichkeiten für den Abbau - zum Beispiel in Kanada und auf den Philippinen.
Allerdings dauere es mehrere Jahre, bis eine Lagerstätte für die Produktion vorbereitet sei und die Rohstoffe tatsächlich zur Verfügung stünden, sagt Christoph Hilgers vom Institut für Angewandte Geowissenschaften am Karlsruher Institut für Technologie (KIT).
Der Markt investiere jedoch erst dann, wenn die Nachfrage langfristig sei. Da werde geschaut, wie ernsthaft die Wasserstoffabsichten seien, sagt Hilgers. Um das einzuschätzen, brauche es einen globalen Blick. "Deutschland ist zwar ein großes Industrieland. Aber neue Lagerstätten macht man nicht nur für ein Land auf."
Weltpolitik als Hindernis
Für die alkalische Elektrolyse würden zwar keine seltenen Metalle benötigt, sagt Maike Schmidt vom Zentrum für Sonnenenergie- und Wasserstoff-Forschung Baden-Württemberg. Benötigt werde aber Nickel, von dem Deutschland beziehungsweise Europa vor Beginn des Krieges in der Ukraine etwa 35 bis 50 Prozent aus Russland bezogen habe. Zwar gebe es Alternativen, aber gerade die Nickelverarbeitung konzentriere sich stark auf China. "Hieraus können neue geopolitische Abhängigkeiten erwachsen, die zwar keinen akuten Engpass darstellen, aber beobachtet werden müssen."
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Mit der Knappheit drohen steigende Preise für Rohstoffe und in der Folge wachsende Kosten für Elektrolyseure - Anlagen zur Elektrolyse - sowie für Wasserstoff. "In welcher Dimension sich diese Steigerungen bewegen, ist aktuell nicht absehbar", sagt Schmidt. Forschung und Entwicklung, um den Einsatz kritischer Rohstoffe zu verringern, sollten einem solchen Szenario jedoch entgegenwirken.
Dazu zähle, bei der sogenannten Polymer-Elektrolyt-Membran-Elektrolyse weniger Iridium einzusetzen. "Andere Technologien zur Wasserstoffgewinnung wie beispielsweise Pyrolyseverfahren befinden sich in der Entwicklung", sagt Schmidt, "würden aber bei einer zukünftigen großskaligen, klimaneutralen Wasserstoffproduktion die Elektrolyse-Technologie nur zu kleinen Teilen substituieren können".
Recycling und alternative Methoden
Ebenso werde an Ersatz für Iridium geforscht, erläutert auch Dera-Geologin Tremareva. Zudem lasse es sich gut recyceln und könnte in Zukunft für mehr Komponenten mit dann weniger Beladung eingesetzt werden. "Wir gehen davon aus, dass die Forschungsaktivitäten zur Verbesserung der Wirtschaftlichkeit von Wasserelektrolyseuren insgesamt einen positiven Effekt auf den zukünftigen Bedarf von potenziell kritischen Rohstoffen haben werden."
Claudia Nehring von Siemens Energy als Hersteller von Elektrolyseuren erklärt: "Für den Hochlauf der Wasserstoffwirtschaft ist es wichtig, robuste Versorgungsketten aufzubauen und auch bei den Zulieferern in eine Serienfertigung zu kommen."
Bei Siemens Energy setzt man auf strategischen Einkauf und nutzt beispielsweise eine breite globale Lieferantenbasis. Die Effizienz der Produkte würde kontinuierlich gesteigert und der Materialeinsatz verbessert. Rund 90 Prozent der Rohstoffe könnten wiederverwendet werden.
Jedoch machte KIT-Forscher Hilgers deutlich, dass auch beim Recycling hohe Temperaturen und viel Energie benötigt werden. Die Grabungen nach Metallen hinterließen Löcher im Boden. Solche Aspekte würden manchmal außen vor gelassen, wenn von grüner Technologie und erneuerbaren Energien die Rede sei.
(APA/red.)