VFT-Info-Veranstaltung : Kommt die europaweite Harmonisierung bei der Reparaturklausel?
Im Rahmen der VFT-Info-Reihe „Let’s talk“ hat der VFT prominente Gesprächspartner zum virtuellen Austausch geladen. Der Präsident des deutschen VFT-Pendants GVA (Gesamtverband Autoteile-Handel), Hartmut Röhl, gleichzeitig auch stellvertretender Vorsitzender der ECAR (European Campaign for the Freedom of the Automotive Parts and Repair Market), wies darauf hin, dass das Thema Reparaturklausel in der Vergangenheit bereits dreimal auf EU-Ebene diskutiert wurde – nämlich 1993, 1997 und 2004. Damals wie heute stand das Ziel im Mittelpunkt, „den europäischen Markt für sichtbare Ersatzteile europaweit zu harmonisieren und gleichzeitig ein ungerechtfertigtes Monopol für die OEM zu verhindern“. Diese gewünschte Harmonisierung ist bis heute ausgeblieben, vielmehr gibt es einen „Fleckerlteppich“ in Europa. In Österreich gibt es aktuell keine Reparaturklausel, ebenso in den angrenzenden Staaten Tschechische Republik, Slowakei und Slowenien, in Kroatien, Rumänien und Bulgarien, in Malta und auf Zypern sowie in Litauen, Estland und Finnland. Portugal stellt einen Sonderfall dar: Dort gibt es zwar eine Reparaturklausel, diese wird aber nicht angewendet. Ein Land mit Reparaturklausel ist beispielsweise Deutschland, wo es eine vollständige Liberalisierung gibt. Konkret eine Marktliberalisierung für alle sichtbaren „must-match“-Teile, die seit dem 1.12.2020 gültig ist, und keine rückwirkende Wirkung hat. Eine teilweise Liberalisierung gibt es in Frankreich, was konkret bedeutet: Liberalisierung des Glasmarktes ab 1.1.2023, von Erstausrüstungsteilen ebenfalls ab 1.1.2023 und in allen anderen Bereichen gibt es eine Schutzfrist von 10 (statt bisher) 25 Jahren ebenfalls ab 1.1.2023. Auch in Frankreich ist keine rückwirkende Wirkung vorgeschrieben.
Bei sichtbaren Kfz-Ersatzteilen gibt es keine DesignalternativenHartmut Röhl, GVA-Präsident und stv. Vorsitzender ECAR
Status quo
Gegenwärtig wird die Reparaturklausel auf EU-Ebene wieder einmal intensiv diskutiert, ein Ende ist aber absehbar. Ein Legislativvorschlag wird für das zweite Quartal dieses Jahres erwartet und auch die Visegrad-Staaten wollen einen eigenen Vorschlag unterbreiten. Das Gesetzgebungsverfahren sei sehr kompliziert, erklärte Hartmut Röhl: „Wir kennen den Evaluierungsbericht und auch die Einschätzung der Juristen in der EU-Kommission. Der Vorschlag der Kommission geht in Richtung Harmonisierung der Reparaturklausel.“ Durch geschicktes Lobbying könne man diesen Prozess unterstützen: „Wir sind uns sicher, dass wir dank unserer guten Beziehungen zum Europäischen Parlament, das der Liberalisierung prinzipiell wohlwollend gegenübersteht, die Entscheidung beschleunigen können“, stellte Hartmut Röhl eine finale Entscheidung für Anfang 2023 in den Raum. Die Reparaturklausel ist für ihn alternativlos, denn „bei sichtbaren Kfz-Ersatzteilen gibt es keine Designalternativen“.
Einbau in Österreich legal?
Aus juristischer Sicht informierte Rechtsanwalt Dr. Clemens Thiele über die Situation in Österreich. So gebe es hierzulande eine gewisse „Reparaturschranke“. Die Einfuhr von Teilen und die Durchführung von Reparaturen mit eben diesen Teilen sei zwar zulässig, aber nur für Fahrzeuge, und hier sind nur Schiffe und Luftfahrzeuge gemeint, die nicht in Österreich zugelassen sind. Somit stehen die Kfz-Betriebe in Österreich vor einem großen Dilemma, denn Kfz-Ersatzteile, für die ein Designschutz – sprich ein Muster(-Bauteil) wurde angemeldet – gilt, dürfen rechtlich gesehen nicht verbaut werden. „In Österreich ist der Musterschutz für Must-Match-Bauelemente durchsetz- und damit klagbar. Die geltende Rechtslage behindert also freie Anbieter und Kfz-Werkstätten“, betonte Clemens Thiele.