Reifen : Michelin und die Formel E
Acht Saisonen lang hat Michelin dank Forschung und Praxiserfahrung Innovationen in die Serie eingebracht und seine technologischen Fortschritte auf unterschiedlichsten Oberflächen und unter verschiedenen Rennbedingungen validiert. Die Rennen der Formel E finden auf Stadtkursen statt, werden also auf Strecken ausgetragen, die sonst vom öffentlichen Verkehr genutzt werden. Daher lassen sich die Bedingungen direkt auf den Straßenverkehr und die Autofahrenden übertragen.
2014: Michelin entwickelt den ersten Reifen für rein elektrische Rennwagen
Der weltweit erste reinelektrische Rennwagen für die FIA-Formula-E-Meisterschaft war mit dem Michelin Pilot Sport EV Rennreifen ausgerüstet. Die Entscheidung, einen Reifen für Straßenkurse zu nutzen, der einem Alltagsreifen ähnelt – im Gegensatz zu den profillosen Slicks – beruhte auf einer klaren technologischen Vision: Michelin wollte in Sachen Vielseitigkeit und Langlebigkeit an die Grenzen gehen, um so die Menge der produzierten und auf der Rennstrecke verwendeten Reifen zu reduzieren (ein Reifensatz pro Auto und E-Prix).
Der Reifen erbrachte die Leistung von Rennreifen (unter anderem Beschleunigung in weniger als drei Sekunden von null auf 100 Stundenkilometer, wie ein Formel-1-Auto). So konnte Michelin seine Innovationen im Rennsport validieren und in Rekordzeit auf Serienreifen übertragen. Schon 2015, nur ein Jahr nach der Vorstellung des Reifens für die Formel E, brachte Michelin den Michelin Pilot Sport 4 mit dem gleichen Profil wie der Rennreifen auf den Markt. Diese extrem kurze Industrialisierungszeit – vom Konzept bis zur Produktion – war ein Novum im Bereich des Technologietransfers.
2018: vier Reifen für das Gewicht von drei
In der Formel-E-Saison 2018/2019 gingen die neuen, sogenannten Gen2-Einsitzer, bei der Meisterschaft an den Start: leistungsstärker, schneller und mit mehr Reichweite. Um diesen Anforderungen zu begegnen, hat Michelin die Reifen in allen Bereichen weiterentwickelt, insbesondere beim Gewicht. Die Ingenieure von Michelin haben eine dritte Generation des Michelin Pilot Sport EV entwickelt, der bis zu 2,5 Kilogramm leichter war als der Vorgänger. Das spart bei vier Reifen fast zehn Kilogramm Material ein – das Gewicht eines Vorderreifens. Dieser Fortschritt ist erheblich: Sehr leichte Reifen bedeuten auch weniger Gewicht beim Transport und weniger Material zum Recyceln. Mit den neuen, leichten Reifen waren die E-Boliden in Marrakesch, dem zweiten Lauf der FIA Formel-E-Meisterschaft 2018/2019, um ganze drei Sekunden pro Runde schneller als unter vergleichbaren Bedingungen beim letzten Saisonbesuch in Marokko.
In der Zwischenzeit arbeitet Michelin mit an dem Projekt MissionH24, das den Weg des Wasserstoff-Antriebs in den Motorsport ebnen soll. Ab 2025 sollen wasserstoffbetriebene Rennsportprototypen an den 24 Stunden von Le Mans teilnehmen. Für diese Fahrzeuge hat Michelin einen Reifen vorgestellt, der zu 53 Prozent aus biobasierten und recycelten Materialien besteht. In Zusammenarbeit mit Porsche stattet Michelin auch den neuen 718 Cayman GT4 ePerformance aus. Der Bolide mit seinen mehr als 1.000 PS fährt auf Reifen, die ebenfalls zu 53 Prozent aus nachhaltigen Materialien bestehen. Porsche verwendet diese Reifen bereits für sein komplettes Elektromobilitäts-Programm, wie vor kurzem beim Festival of Speed in Goodwood (Großbritannien). Bis 2050 will Michelin alle Reifen zu 100 Prozent aus nachhaltigen Materialien herstellen. Ein Zwischenziel ist 2030, dann soll der Anteil bereits bei 40 Prozent liegen.