E-Auto-Reparatur : E-Werkstatt: Fachkräftemangel hält an

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Neben größerer Reichweite und genügend Ladestationen fehlt noch etwas, um die Verbreitung von Elektroautos voranzutreiben: kompetente Mechanikerinnen und Mechaniker, die die Fahrzeuge reparieren können. An Fachkräften mangelt es in der Branche schon seit der Pandemie.

"Wenn dann noch neue Themen wie die Elektromobilität hinzukommen, wird es nochmal schwieriger. Viele Werkstätten kennen sich mit der Hochvolttechnik noch gar nicht aus", erläutert Stefan Bratzel vom Center of Automotive Management das Problem, das die Branche weltweit trifft. Viele Besitzer freier Werkstätten schrecken vor den hohen Kosten für Schulungen und Ausrüstung zurück. Und gerade die unabhängigen Betriebe, die preiswerter sind als die Vertragswerkstätten, seien wichtig für die Akzeptanz der E-Mobilität, sagen Experten.

Rund 30.000 Euro würde ihn die Ausrüstung für die Reparatur von Elektroautos kosten, rechnet der 60-jährige Werkstattbesitzer Roberto Petrilli in Mailand vor. "Ich bin noch sieben Jahre von der Rente entfernt und denke, das lohnt sich nicht mehr", sagt er.

Sicherheitsbedenken und Fachkräftemangel

Die Reparatur eines Elektromotors erfordert andere Fähigkeiten beim Verbrenner. Auch die Ausstattung und Sicherheitsmaßnahmen der Werkstätten sind anders. Die Mechaniker hantieren mit 400- bis 800-Volt-Systemen. Lebensgefahr besteht bei Stromschlägen oder Batteriebränden, die als schwer löschbar gelten. Daniel Brown, Leiter der Produktentwicklung Automotive bei Lucas-Nülle, einem Hersteller von Trainingssystemen, befürchtet, dass unqualifizierte Techniker zum Einsatz kommen. "Es ist nur eine Frage der Zeit, bis jemand verletzt wird."

Das britische Institute of the Motor Industry (IMI) prognostiziert für die Insel, dass nach dem Ende des Verbrennungsmotors in den 2030er Jahren rund 25.000 Elektrotechniker fehlen werden. In den USA, dem zweitgrößten Automarkt nach China, liegt das Wachstum bei Elektroautos zwar hinter Europa. Dennoch rechnet das Bureau of Labor Statistics damit, dass bis 2031 jährlich rund 80.000 Elektroniker benötigt werden, darunter auch Techniker für die Reparatur von E-Autos oder die Installation von Ladegeräten. In Australien könnten bis 2030 9.000 Elektrotechniker fehlen, prognostiziert die Victorian Automotive Chamber of Commerce.

In Deutschland wurden bisher 35.000 Beschäftigte mit einem speziellen Konzept für die Arbeit an Elektroautos qualifiziert, so der Zentralverband Deutsches Kraftfahrzeuggewerbe (ZDK). Diese Kompetenzen vermittle auch die Ausbildung zum Kfz-Mechatroniker. "Das Netzwerk mit eCar-Service-Zusatzzeichen als Zeichen besonderer Elektrokompetenz für freie Werkstätten ist zurzeit im Aufbau und wird aktuell von rund 450 Kfz-Betrieben geführt", erklärt der ZDK. Von langen Wartezeiten und hohen Reparaturkosten berichten Nutzer aber auch in Deutschland.

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Garantie dreimal so teuer wie bei Verbrennungsmotoren

"Der Engpass beim Personal wird zum Problem, da die E-Mobilität immer mehr in die Breite kommt", konstatiert Bratzel. Gleichzeitig schrecken teure und langwierige Reparaturen Autokäufer vom Umstieg auf ein E-Fahrzeug ab. Das britische Taxi- und Kurierunternehmen Addison Lee hat neben Dieselfahrzeugen Hunderte von E-Autos in der Flotte. "Die Reparatur dauert schon jetzt viel länger", sagt Andrew Wescott, in dem Unternehmen für Nachhaltigkeit zuständig.

Der britische Garantieanbieter Warrantywise verweist auf die im Vergleich höheren Kosten: Eine einjährige Garantie für ein Tesla Model 3 koste dreimal mehr als für einen entsprechenden Verbrenner. Firmenchef Lawrence Whittaker fügt hinzu, dass Warrantywise teure Franchise-Händler mit der Reparatur von Elektrofahrzeugen beauftragen müsse, da diese im Gegensatz zu freien Werkstätten über qualifizierte Techniker verfügten. Er befürchtet daher, dass höhere Versicherungs- und Garantiekosten die Nachfrage nach E-Autos dämpfen könnten. "Wie sollen sich die Menschen die höheren Reparaturkosten leisten?"

Tesla Model 3 Reparatur
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Staatliche Unterstützung für freie Werkstätten

Viele Regierungen haben sich Ziele für die Elektromobilität gesetzt. Experten sehen daher auch den Staat in der Pflicht. In Großbritannien fordert das Institute of Motor Industry von der Regierung 15 Millionen Pfund (17,5 Millionen Euro) zur Unterstützung der freien Werkstätten bei der Finanzierung von Schulungen. In Australien, wo bis 2030 rund 50 Prozent der Neuwagen elektrisch betrieben werden sollen, schätzt die Motor Traders' Association of New South Wales (MTA NSW), dass es den Staat 100 Millionen australische Dollar (59,5 Millionen Euro) kosten wird, die fast 50.000 lizenzierten Kfz-Techniker für die Reparatur von Elektrofahrzeugen zu schulen. Kleinere Werkstätten bräuchten staatliche Unterstützung bei der Ausbildung, fordert die Lobbygruppe. Sonst behielten die Verbrenner den Vorrang.

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So sieht es auch David Etzwiler, Chef der Siemens-Stiftung. Die Organisation hat in den USA ein 30-Millionen-Dollar-Programm (28 Millionen Euro) aufgelegt, um US-Techniker für die Installation und Wartung von Ladestationen für Elektroautos auszubilden. Etzwiler warnt, dass ein Mangel an qualifizierten Arbeitskräften den Übergang zur Elektromobilität verlangsamen wird. "Die Zahl der Jobs, die auf diesem Gebiet gebraucht werden, ist immens. Und man braucht sie jetzt."

(APA/red.)